„Ich bin ne lebende Legende und wär schon längst in Rente“, rappte Moses Pelham in den Neunzigerjahren als Teil des Rödelheim Hartreim Projekts. Nun will der 52 Jahre alte Pionier des Deutschrap tatsächlich abtreten. „Ich habe den Wunsch, dieses Werk vernünftig und selbstbestimmt zu Ende zu bringen. Und das will ich eben mit voller Kraft machen“, sagte Pelham.
Im Herbst nächsten Jahres soll sein finales Album „Letzte Worte“ erscheinen. Diese Platte zu machen sei ein bisschen so, „wie seine eigene Beerdigung zu planen“, so Pelham. Das allerletzte Konzert sei für den 21. Dezember 2024 in seiner Heimatstadt Frankfurt geplant. Er freue sich enorm darauf, „mit den Leuten, die das über die letzten 30 Jahre in ihrem Leben hatten“, noch einmal gemeinsam zu zelebrieren. „Also auch in dem Bewusstsein: Das ist wahrscheinlich das letzte Mal, dass wir so zusammenkommen.“
Mit seinem Abschied von der Bühne beschäftigt sich Pelham schon relativ lange. Er arbeite seit mehreren Jahren an dem Album, sammle Ideen und schreibe Lieder: „Wenn man einen Zaubertrick vorführen, also ein Kaninchen aus dem Hut zaubern will, ist es echt ganz gut, irgendwann mal eins reingetan zu haben.“ Auf „Letzte Worte“ sollen einige Gäste zu hören sein. Wer, verrät er noch nicht. In der Vergangenheit hatte er unter anderem mit Marteria, Johannes Oerding und Haftbefehl zusammengearbeitet, mit Lena und den Böhsen Onkelz stand er auf der Bühne.
Als Teenager in den Charts
Pelham wurde 1971 als Sohn eines amerikanischen Bluesmusikers und einer deutschen Versicherungskauffrau in Frankfurt geboren. Als Teenager landete er 1989 mit seiner ersten Solo-Single „Twilight Zone“ in den Charts. Später gründete er Pelham Power Productions, kurz 3p, und produzierte Sabrina Setlur, Xavier Naidoo und seine eigene Band Glashaus. Nach Angaben seiner Plattenfirma Sony ist er der einzige Rapper, der über fünf Jahrzehnte in den deutschen Charts vertreten war.
Der Frankfurter Stadtteil gab dem 1993 mit Thomas Hofmann gegründeten Rödelheim Hartreim Projekt (RHP) und dem ersten Album „Direkt aus Rödelheim“ den Namen. „Wir wollen nicht behaupten, dass Rödelheim so etwas ist wie die Bronx. Wir kommen einfach von da“, sagten die beiden damals. Eine Blaupause für das, was später Straßenrap genannt wurde, bildete RHP dennoch. Im Vergleich zu anderen frühen deutschsprachigen Vertretern des Hip-Hop wie den Fantastischen Vier kam das Projekt mit Hits wie „Höha, Schnella, Weita“ aggressiver daher.
Schlagzeilen machte Pelham immer wieder, etwa als er 1997 Stefan Raab im Zwist die Nase brach. Im Jahr darauf wurde er mit dem Echo als „Produzent des Jahres“ gekürt. 2020 bekam er den Ehrenpreis der deutschen Schallplattenkritik. Seine Heimatstadt hatte ihn da schon mit der Goetheplakette ausgezeichnet. Sänger Mark Forster nannte ihn einmal den „Godfather der urbanen deutschsprachigen Popmusik“.
Pelhams Karriere ist auch begleitet von einem seit rund zwei Jahrzehnten andauernden juristischen Streit mit der Band Kraftwerk. Für einen Setlur-Song hatte Pelham ungefragt einen Zwei-Sekunden-Rhythmus der Elektropop-Pioniere aus Düsseldorf verwendet. Das Verfahren ging durch die Instanzen und wird nun abermals ein Fall für den Europäischen Gerichtshof.
Pelham selbst fällt es schwer, persönliche Höhen und Tiefen seiner Karriere zu benennen: „Ich glaube, dass das finale Album diese Frage viel besser beantworten wird.“ Neben der Musik verfolgt Pelham auch andere Projekte, wie einen gemeinsamen Podcast mit dem Journalisten und Autor Jan Wehn. Zudem brachte der Hobbykoch und Veganer unlängst ein veganes Rezeptbuch raus. Darüber, wie es in der Zukunft weitergehen soll, habe er sich noch nicht allzu viele Gedanken gemacht, zumal der Schritt das Ende seiner Karriere als Rapper betreffe, der Alben aufnehme und Tourneen spiele. Nicht die Arbeit als Produzent oder Autor.
„Es gibt wirklich noch ganz viele Sachen, die mich interessieren, die bestimmt auch in den letzten 30 Jahren zu kurz kamen“, sagt er. Aber viel wichtiger sei für ihn momentan, seinen Abschied vorzubereiten. Und mit welchem Gefühl will er beim letzten Konzert von der Bühne treten? „Ich hoffe, dass ich dann sagen kann, ich habe es geil zu Ende gebracht.“