Zugegeben, T. ist ein tüchtiger Typ. Er hat seine Arbeit gut im Griff – nicht aber seine Ferienplanung. Er hortet Urlaubstage, als wolle er damit alle Rekorde brechen. Der ITler macht sich selbst darüber lustig, nennt sich in diesem Punkt „ziemlich neurotisch“, aber es fällt ihm schwer, mal zwei Wochen Urlaub am Stück zu beantragen. Das macht er nur gezwungenermaßen, gedrängt von der Chefin.
Seine Kollegen jonglieren virtuos mit Frühbucherrabatten, müssen Partnerpläne, Schulferien, freie und bezahlbare Bettenkapazitäten unter einen Hut bringen. Derweil hält der kinderlose T. in den Sommerferien klaglos die Stellung. Ärgerlich wird seine Bunkermentalität am Jahresende. Dann steht er unter Zugzwang und muss sich wochenlang verabschieden. Von Resturlaub kann keine Rede sein, er hat keine Reste, er hat einen Großteil seines Jahresurlaubs nicht ausgeschöpft und muss einen ganzen Monat weg.
„Für Ostern opfere ich keine freien Tage“
Ein Urlaubsprokrastinierer, wie er im Buche steht und der sein Aufschiebeverhalten eloquent erklären kann: Er sei eben freiheitsliebend, die Möglichkeit, lange verreisen zu können, beflügele ihn. Allein das wohlige Gefühl, seine Siebensachen packen und aus der Arbeitsalltagsroutine ausbrechen zu können, weil das – rein theoretisch – noch möglich ist, verschaffe ihm Glücksgefühle. Er schwelgt dann im Konjunktiv, den grauen November in Thailand, den ungemütlichen Winter auf den Kapverden verbringen zu können.
Welch herrliche Gedankenreisen! Geht alles. Außerdem wisse man nie, ob er seinen betagten Eltern überraschend beistehen müsse. Das versöhnt mit seinen Schrullen: Der Mann ist hilfsbereit. Trotzdem sind Menschen wie er schuld daran, dass im Dezember die Büroflure verwaisen wie mitten in der Pandemie.
Denn sie müssen dann mal weg, ganz dringend, weil die Personalabteilung spätestens im Herbst drängt, den Resturlaub nicht ins neue Jahr zu ziehen. Sonst drohe Verfall! Nix da, aufgeschoben – aufgehoben! T. blendet das aus. „Für Ostern opfere ich keine freien Tage. Das lange Wochenende reicht mir. Was wollt ihr denn, um Brückentage konkurriere ich jedenfalls nicht.“
In der Kolumne Nine to five schreiben wöchentlich wechselnde Autoren mit einem Augenzwinkern über Kuriositäten im Arbeitsleben.