Die Bundeswehr wird auch diese Reform überleben. Noch jede sollte die Streitkräfte schlagkräftiger machen. Doch wie in jeder Organisation geht es keineswegs immer nur um die Sache, sondern auch um Beharrungskräfte des Apparats und um Einzelinteressen – nicht zuletzt will der jeweilige Minister durch Tatkraft glänzen.
Zu hoffen ist, dass unter dem Eindruck des verbrecherischen russischen Eroberungskrieges die Bundeswehr baldmöglichst in der Lage sein wird, gemeinsam mit den Verbündeten jeden Aggressor wirksam abzuschrecken – und notfalls mit Macht zurückzuschlagen. Das heißt nicht, dass das ganze Land nun den Krieg als Normalfall denken muss.
Alles der Verteidigung unterordnen
Aber so wie es für staatliche Stellen Pflicht ist, zum Schutz vor Naturkatastrophen vorzusorgen, so müssen die Streitkräfte der wehrhaften Demokratie in ihrer Verwaltung alles der Landes- und Bündnisverteidigung unterordnen und sich nicht in Schaulaufen und Selbstbeschäftigung verlieren. So ist es sinnvoll, dass nunmehr nur noch ein Führungskommando für Inlands- wie Auslandseinsätze zuständig sein soll. Wichtig ist es auch, der weiter wachsenden Bedeutung des Cyberraums und der hybriden Kriegführung Rechnung zu tragen.
Merkwürdig bleibt aber, dass die vermeintlich effizienteren Strukturen nicht mit einem Abbau des personellen Wasserkopfs an der Spitze einhergehen. Nur an Generälen herrscht in der Bundeswehr kein Mangel. Und es dient nicht der Kampfkraft, wenn das Heer, anders als die Planungsgruppe es vorsah, erst umständlich um Feldjäger, Sanitäter und ABC-Abwehrkräfte nachsuchen muss.
Die Reform denkt eine Wehrpflicht mit. Sie soll aber auch ohne auskommen können. Das wird in der Tat eine zentrale Herausforderung nicht nur des Verteidigungsministers, sondern von Staat und Gesellschaft bleiben: Wie kann sich jeder mit seinen Fähigkeiten, zeitweise und wenn es darauf ankommt, in den Dienst der Gemeinschaft stellen? Im Grunde sollte man, wenn einem die Freiheit lieb ist, dafür keinen Zwang brauchen.