Das Engagement der Industrieländer im westlichen Pazifik wächst stündlich. In dieser Woche sind der französische Präsident Emmanuel Macron und der amerikanische Außenminister Antony Blinken auf Inseln wie Tonga, Vanuatu, Australien und in Neuseeland, der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin auf Papua-Neuguinea und in Australien unterwegs. Zur selben Zeit üben mehr als 30.000 Soldaten, unter ihnen auch gut 200 Deutsche, vor der Ostküste Australiens, argwöhnisch verfolgt von chinesischen Spionageschiffen.
Noch im August sollte Außenministerin Annalena Baerbock die erste deutsche Botschaft in der Region auf Fidschi eröffnen und in Australien und Neuseeland Station machen. Besetzt werden soll die neue Botschaft mit Barbara Plinkert, der früheren EU-Botschafterin in Singapur, die dort unter anderem zum Abschluss des Freihandelsabkommens beigetragen hatte.
Bühne im geoökonomischen Ringen
Der Pazifik mit seinen Handelswegen, Fischgründen, Bodenschätzen und Kleinstaaten mit eigenen Stimmen auf der Weltbühne wird zur jüngsten Arena im geoökonomischen Ringen. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten Japan, Australien und die Europäer haben erkannt, dass sie Chinas sprunghaft ausgebautem Einfluss in der Region etwas entgegensetzen müssen. Washington bemüht sich dabei, verlorenen Boden gut zu machen. Zumal der transpazifische Handelsstrom mit knapp 33 Millionen Standard-Containereinheiten (TEU) jährlich deutlich über dem europäisch-asiatischen Volumen (26 Millionen TEU) liegt.
Australier, Amerikaner und Truppen aus einem Dutzend weiterer Länder trainieren beim Manöver „Talisman Sabre“ an der ostaustralischen Küste die Landung in einem fiktiven kommunistischen Land. „Der russische Angriff hat die internationale Ordnung komplett ausgehebelt. Umso wichtiger ist es, dass auch wir als Deutsche in einer Gegend der Welt, die dem deutschen Steuerzahler vielleicht nicht so präsent ist, zeigen, dass uns diese internationale Ordnung wichtig ist und wir unsere Partner unterstützen“, sagte der Inspekteur des deutschen Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, der F.A.Z. während seines Besuchs in Australien. „Wir wollen kein kurzes Aufflackern, sondern eine anhaltende Präsenz, ein anhaltendes militärisches Engagement in dieser Region.“
Er spricht auch von Partnerschaften der „Rüstungswirtschaft“. Denn alle Truppen der Industrieländer arbeiten an der „Inter-Operationalität“, dem Zusammenspiel ihrer Waffensysteme. Australier oder Singapurer nutzen die gleichen Panzer, die Deutsche oder Briten einsetzen. Amerikaner und Briten entwickeln australische Unterseeboote. Die neuseeländische Armee fährt deutsche Nutzfahrzeuge von Rheinmetall. „Die Verbündeten in Asien – aber auch in Europa – wird man künftig noch mehr in die Pflicht nehmen, die Vereinigten Staaten und ihre Bemühungen zu unterstützen, China wirtschaftlich und militärisch auszubremsen“, sagte der Politologe Josef Braml der Berliner Denkfabrik Institut für Strategie-, Politik-, Sicherheits- und Wirtschaftsberatung (ISPSW).
„Die Welthandelsorganisation funktioniert nicht“
Die Lieferketten müssen auch deshalb nicht nur über den Pazifik nach Amerika, sondern von dort auch nach Europa gesichert werden. Das Interesse an Europa ist am anderen Ende der Welt groß: „Die Welthandelsorganisation funktioniert nicht, die Vereinigten Staaten sind in einer schwierigen Lage. Wir müssen uns auf das Zentrum der Weltmächte konzentrieren, und das ist nun die Europäische Union“, sagte der frühere neuseeländische Handelsminister Tim Groser gerade auf dem Europäischen Wirtschaftsgipfel in Auckland.