So innig wie von Pep Guardiola ist Marco Rose schon lange nicht mehr von einem Kollegen umarmt worden. Immer wieder zog der Trainer von Manchester City seinen Gegenüber nach Spielende an sich heran und sprach ihm aufmunternde Worte ins Ohr. Für Rose mag das im ersten Moment nur ein schwacher Trost gewesen sein, das 2:3 seiner Mannschaft bei Manchester City ärgerte den Trainer von RB Leipzig doch sichtlich. Es dauerte ein wenig, ehe bei ihm das Geleistete den Frust verdrängte. „Am Ende steht eine Niederlage in einem Spiel, in dem wir sehr gut gespielt haben. Auch wenn wir nichts dafür bekommen, nehmen wir viel Positives mit“, sagte Rose.
Das war zweifellos die beste Art, die vorangegangenen 90 Minuten Champions League zu bewerten. Aus mathematischer Sicht brachte der tadellose Vortrag nichts ein. Leipzig reiste mit der Gewissheit nach Hause, die Gruppenphase als Zweiter abzuschließen; die Achtelfinal-Qualifikation hatte schon vorher festgestanden. Unter psychologischen Aspekten sollte er aber Kräfte für das kommende Heimspiel freisetzen. Am Samstag (15.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky) kommt Aufsteiger Heidenheim nach Leipzig, „dann wollen wir die drei Punkte bei uns behalten“, sagte Sportdirektor Rouven Schröder.
„Unnötig Punkte liegen lassen“
Das klappte zuletzt in der Bundesliga weniger gut. Von den vergangenen drei Spielen verlor RB zwei, der Rückstand auf Tabellenführer Bayer Leverkusen beträgt schon elf Punkte. Aktuell wäre Leipzig als Fünfter nicht einmal für die Champions League qualifiziert. Gegen Heidenheim sollte daher unbedingt gewonnen werden. „In der Liga haben wir unnötig Punkte liegen lassen, da haben wir intensiv drüber gesprochen. Wir müssen nach vorn schauen, uns die Punkte wieder erarbeiten”, sagte Torhüter Janis Blaswich.
Um positiv gestimmt in den Liga-Alltag gehen zu können, bot das Spiel in Manchester genügend Anhaltspunkte. Rose hatte seine Mannschaft sehr gut auf den Gegner eingestellt, zweimal entwischte Lois Openda in der ersten Halbzeit der englischen Verteidigung und brachte Leipzig 2:0 in Führung. „Wir haben zwei schöne Kontertore geschossen, weil wir wussten, dass City hoch verteidigt“, sagte Rose. Genügend Erfahrungswerte besaßen Trainer und Spieler.
In der vergangenen Saison hatte es ebenfalls ein Aufeinandertreffen mit dem englischen Meister gegeben, da war RB beim 0:7 in Manchester noch untergegangen. Citys Offensivkraft ist bekannt. Auch das Hinspiel im Oktober hatten die Engländer gewonnen (3:1). So nah wie am Dienstagabend war Leipzig einem Sieg gegen Guardiolas Mannschaft noch nie gekommen. Dass es am Ende doch nichts wurde, lag vor allem an einer gewaltigen Leistungssteigerung von Manchester im zweiten Abschnitt. „Wir wussten, dass wir sie sauer gemacht hatten mit diesem Halbzeitergebnis“, sagte Rose.
Haaland brachte seine Mannschaft wieder ins Spiel
Wütend war vor allem Erling Haaland, dem in der ersten Halbzeit wenig gelang. Kurz nach der Pause traf der Torjäger aber zum 1:2 und brachte seine Mannschaft damit wieder ins Spiel zurück. „Wenn wir länger die Null gehalten hätten, hätte uns das gut getan“, sagte Rose. Nun war die Kulisse eine andere. „Wir hatten das Stadion vorher zum Schweigen gebracht, dann war es wieder da“, sagte Torhüter Blaswich.
Angetrieben von den eigenen Fans erzielte Phil Foden den Ausgleich, kurz vor Schluss traf der eingewechselte Weltmeister Julian Alvarez wie schon im Hinspiel zum Sieg. Angesichts der personellen Luxusgüter, über die sein Gegenüber Guardiola verfügt (er brachte gleichzeitig mit Alvarez den ebenfalls im Hinspiel erfolgreichen Belgier Jeremy Doku) klang Rose etwas resignierend, als er sagte: „Dann kommt Doku, dann kommt Alvarez. Noch mehr Power. Noch mehr Qualität.“
Diese Möglichkeiten besitzt Leipzig nicht, trotzdem hätte RB auch als Sieger vom Feld gehen können. Beim Stand von 2:2 war dem Treffer von Fabio Carvalho die Anerkennung wegen einer knappen Abseitsstellung verweigert worden. Wenige Zentimeter fehlten zur Überraschung. „Wir können mitnehmen, dass wir gegen Topteams bestehen können. Jetzt müssen wir in der Bundesliga nachlegen“, sagte Mittelfeldspieler Nicolas Seiwald.