Der Chef der islamistischen Hamas im Gazastreifen, Jahja al-Sinwar, gibt sich zwei Monate nach Beginn der israelischen Bodeneinsätze in dem Küstenstreifen siegesgewiss. In einem Brief an den Vorsitzenden des Hamas-Politbüros, Ismail Hanija, sowie andere Mitglieder des Gremiums schrieb Sinwar nach Hamas-Angaben vom Montag: „Die Kassam-Brigaden (der bewaffnete Arm der Hamas) führen einen erbitterten, brutalen und beispiellosen Kampf gegen die israelischen Besatzungstruppen.“ Auch der Islamische Dschihad teilte nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Dschasira am Montag mit, man werde als Reaktion auf das Blutvergießen im Gazastreifen weiterkämpfen.
Sinwar behauptete, man habe der israelischen Armee schwere Verluste an Leben und Ausrüstung zugefügt. Die Kassam-Brigaden hätten mindestens 5000 israelische Soldaten angegriffen und davon ein Drittel getötet, ein weiteres Drittel schwer verletzt und ein weiteres Drittel dauerhaft außer Gefecht gesetzt. Diese Zahlen widersprechen eindeutig den Angaben der israelischen Armee, die von mehr als 150 im Gazastreifen getöteten israelischen Soldaten berichtet.
Der Gaza-Chef der Hamas behauptete abschließend, die Kassam-Brigaden hätten die israelischen Truppen „zerschlagen“ und seien dabei, sie zu zerschmettern. Auch diese Darstellung widerspricht der Lage. Sinwar schrieb, der bewaffnete Hamas-Arm werde sich den israelischen Bedingungen nicht unterwerfen.
Sinwar reagierte damit möglicherweise auf Berichte über einen ägyptischen Vorschlag, den Gaza-Krieg zu beenden. Hanija war zuletzt mit einer Delegation zu Gesprächen in Ägypten gewesen. Er gilt als Auslandschef der Hamas und lebt in Qatar.
Berichten zufolge soll die im Exil lebende politische Hamas-Führung bereits hinter dem Rücken der beiden Hamas-Anführer im Gazastreifen, Sinwar und Mohammed Deif, Gespräche führen, wie der Gazastreifen und das Westjordanland nach Ende des Krieges regiert werden sollen. Israel will Sinwar und Deif, die als Drahtzieher des Massakers am 7. Oktober gelten, gezielt töten. Es wird vermutet, dass sie sich im unterirdischen Tunnelnetzwerk im Süden des Gazastreifens verstecken.