Nach heutigen russischen Maßstäben wirkt die Strafe, die das Golowinskij-Bezirksgericht im Nordwesten von Moskau am frühen Mittwochabend gegen Oleg Orlow verhängt hat, milde: 150.000 Rubel, gut 1400 Euro, soll der Leiter des – gerichtlich aufgelösten – Rechtsschutzzentrums der Memorial-Bewegung zahlen. Aber unter dem Beifall seiner Unterstützer bekräftigte Orlow, auch dieses Urteil anfechten zu wollen. Denn ihm geht es ums Grundsätzliche, darum, seine Meinung sagen zu dürfen.
Angeklagt war der 70 Jahre alte Menschrechtsschützer wegen „wiederholter Diskreditierung“ der russischen Streitkräfte. Anlass war ein Artikel, den Orlow zunächst auf Französisch auf dem Portal „Mediapart“ und dann auf Russisch auf Facebook veröffentlichte. „Das Land, das vor dreißig Jahren den kommunistischen Totalitarismus hinter sich gelassen hat, ist in den Totalitarismus zurückgefallen, aber diesmal in den faschistischen“, schreibt Orlow darin. Dafür verantwortlich seien Präsident Wladimir Putin, aber auch dessen Helfer und „die finstersten Kräfte in meinem Land, jene, die von einer vollständigen Revanche für den Zerfall des sowjetischen Imperiums träumten“.