Die Union streitet sich mit SPD und Grünen grundsätzlich über die Ausrichtung der Migrationspolitik – und das nicht zum ersten Mal. Einige Uneinigkeiten sind bekannt, einige Vorschläge wurden schon einmal erprobt, andere nicht. Eine Übersicht.
Grenzkontrollen
Die Union will dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarstaaten Deutschlands. Aktuell werden schon alle Grenzen kontrolliert. Die zu Österreich seit vielen Jahren, mit Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Dann kamen die nach Osteuropa hinzu, schließlich im Zuge der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und der Olympischen Spiele in Frankreich im vergangenen Sommer auch in Richtung Westen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angekündigt, all diese Kontrollen so lange bestehen zu lassen, bis sich die Migrations- und Sicherheitslage in Deutschland entspannt hat – spätestens bis zur Einführung des neuen europäischen Asylsystems im Sommer 2026.
Grenzkontrollen sind im Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen und müssen deswegen halbjährlich bei der Europäischen Kommission hinterlegt werden, für den Fall, dass „die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit in einem Mitgliedsstaat ernsthaft bedroht sind“, so steht es im Schengener Grenzkodex.
Ende Oktober 2024 setzte die Bundespolizei etwa 11.000 Beamte ein, um an den Grenzen zu kontrollieren. Das entspricht mehr als einem Viertel aller Beamten im Vollzugsdienst. Sollten die Grenzen engmaschiger kontrolliert werden, damit niemand mehr illegal einreist nach Deutschland, wie von Merz gewollt, müsste wohl noch deutlich mehr Personal Dienst an der Grenze leisten.
Zurückweisen an der Grenze
Wer nicht zur Einreise nach Deutschland berechtigt ist und kein Asylgesuch stellt, wird von der Bundespolizei schon jetzt an der Grenze zurückgewiesen. Zwischen Oktober 2023 und September 2024 war das bei gut 30.000 Personen der Fall. Wenn eine Person jedoch um Asyl bittet, findet die Einreise statt – um zumindest zu prüfen, welches sichere Herkunftsland in Europa für das Asylverfahren zuständig ist. In der Praxis scheitern aber nicht nur Abschiebungen in Herkunftsländer regelmäßig, sondern auch Rückführungen in europäische Länder (Dublin-Verfahren).
Die Union fordert nun Zurückweisungen auch in dem Fall, dass ein Schutzgesuch geäußert wird. Damit hätte faktisch niemand mehr ein Recht auf Aufnahme in Deutschland, weil mindestens ein sicheres Land schon durchquert wurde. Das wäre der von der Union geforderte Aufnahmestopp. Die europäischen Regeln sehen das nicht vor, allerdings argumentiert die Union, dass das europäische Asylrecht derzeit nicht funktioniere, Deutschland also sehr wohl Zurückweisungen vornehmen dürfe. Gerichtlich geklärt ist dieser konkrete Fall noch nicht.
Die Frage, ob Zurückweisungen möglich sind oder nicht, bildet die Grundauseinandersetzung zwischen der Union auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite. Schon im Spätsommer gab es dazu heftige Auseinandersetzungen, als sich die seinerzeit bestehende Ampel-Koalition und die Union zu Migrationsgesprächen zusammensetzten. Damals schlug Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vor, Zurückweisungen modellhaft an einem Grenzabschnitt zu erproben und auf eine gerichtliche Entscheidung zu warten. Dazu war die Union nicht bereit, sie brach die Gespräche mit der Ampel-Koalition ab.
Tägliche Abschiebungen, mehr Abschiebehaftplätze
Gut 18.000 Personen wurden vergangenes Jahr aus Deutschland abgeschoben. Ende 2024 waren etwa 220.000 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. 80 Prozent von ihnen wurden jedoch nach dem Aufenthaltsgesetz geduldet, die Abschiebung wurde also aus praktischen Gründen ausgesetzt. Unmittelbar ausreisepflichtig waren demnach 42.300 Personen.
Die Union will vollziehbar ausreisepflichtige Personen in Haft nehmen und so die Ausreise beschleunigen. Bislang kann eine solche Person nur in Haft genommen werden, um die Abschiebung vorzubereiten oder abzusichern. Die Unterbringung muss auch anders erfolgen als bei der Strafhaft, also nicht in einem Gefängnis.
Derzeit gibt es etwa 800 Abschiebehaftplätze. Die Union will diese Zahl deutlich erhöhen, auch über Liegenschaften des Bundes. Bislang sind die Länder für die Haftplätze zuständig; einer geforderten Erhöhung sind sie jahrelang nicht nachgekommen. Bei der Frage, warum nicht mehr Personen abgeschoben werden, machen sich Bund und Länder gegenseitig Vorwürfe.