Bei Preiserhöhungen haben Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland ein Sonderkündigungsrecht. Sie können sich dann einen anderen Anbieter suchen und aus dem teureren Vertrag aussteigen. Das wollte auch Berta S.*, als ihr langjähriger DSL-Anbieter den Preis von 34,99 Euro auf 38,99 Euro erhöhte. Sie kündigte den Altvertrag.
1&1 wollte die Kundin offenbar nicht verlieren und machte ihr ein attraktives Angebot, wie es auch von Vodafone, O2 und anderen Telefonanbietern praktiziert wird. Die 50 Mbit/s DSL-Verbindung sollte beibehalten werden, vorausgesetzt, die Kundin würde sich auf einen Zwei-Jahres-Vertrag mit dem Unternehmen einlassen. Aufgrund des äußerst kostengünstigen Angebots stimmte sie zu. Im ersten Jahr würde die Münchnerin 9,99 Euro bezahlen, ab dem 13. Monat wären die bisherigen 34,99 Euro fällig.
Die Freude währte nicht lange. Noch am gleichen Tag zog 1&1 das Angebot aus „technischen Gründen“ zurück. Das Unternehmen musste nicht einmal einen Techniker schicken, schließlich handelte es sich um die gleiche Leitung. Außerdem hieß es in der Nachricht, dass der bestehende Vertrag nun zu den Konditionen von 38,99 Euro monatlich weiterlaufen werde. Die ältere Kundin, die nicht mehr regelmäßig in ihre Mails schaute, erkannte die Wendung des Anbieters erst Tage später, protestierte und wandte sich an den Kundenservice. Dort erklärte man ihr, dass die Frist für das Sonderkündigungsrecht abgelaufen sei und sie nun den neuen Preis bezahlen müsse. Zudem sei eine Kündigung bei diesem Vertrag nun erst wieder in 14 Monaten möglich. Daraufhin wandte sich die frustrierte Frau an die Redaktion von FOCUS online.
Sehr schnelle Reaktion von 1&1
FOCUS online kontaktiere die Pressestelle von 1&1. Dort zeigte man sich überrascht und reagierte prompt. „Die Verzögerung bei diesem Einzelfall ist auf einen individuellen Fehler von uns im Bestellprozess zurückzuführen“, ließ eine Sprecherin ausrichten. Gleichzeitig entschuldigte sich das Unternehmen bei der Kundin. Als Wiedergutmachung soll Berta S. nun die versprochenen Konditionen erhalten.
Wie kam der „technische Fehler“ zustande?
Könnte der „technische Fehler“ eine Methode von 1&1 sein, um Kundinnen und Kunden in teure Verträge zu drängen? Das Unternehmen bestreitet dies vehement. Und auch mehrere Verbraucherzentralen, die FOCUS online am Dienstag um Stellungnahme bat, erklärten, ihnen lägen keine ähnlichen Fälle vor. Die Verbraucherzentralen in Baden-Württemberg und Hamburg erklärten lediglich, dass Kundinnen und Kunden immer wieder Fragen zu ihrem Telefonanschluss stellen, bisher aber nicht in diesem Zusammenhang.
Gegenangebot gilt nicht mehr: Wie kann man sich schützen?
Flattert eine Preiserhöhung ins Haus, haben Verbraucherinnen und Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht. In der Regel folgt in den meisten Fällen ein Gegenangebot, so die Verbraucherzentrale Bundesverband.
„Wenn das Angebot zu den neuen, günstigeren Konditionen folgt, gelten diese zunächst. Kann der Anbieter diese Vertragsbedingungen nicht einhalten, hat der Kunde ein Kündigungsrecht“, ergänzt die Verbraucherzentrale Thüringen.
*Die Redaktion hat den Namen der Betroffenen geändert.