So lange ist es noch nicht her, dass Niederländer das Lied der „15 Millionen Leute“ trällerten: 1996 schaffte es das Werk des Produzentenduos Fluitsma & Van Tijn – komponiert als Reklame für die damalige niederländische Postbank – auf Platz eins der Hitparade. Die Melodie bleibt eingängig, das Thema aktuell. Es geht um alles, was als typisch niederländisch gilt: im Refrain um den Freiheits- und Eigensinn eines Volks, das dicht gedrängt zusammenwohnt: „15 Millionen Leute auf diesem kleinen Stückchen Erde, denen schreibt man keine Gesetze vor, man lässt ihnen ihre Würde.“
Was schon lange nicht mehr aktuell ist: die Zahl. Die Bevölkerung in der fünftgrößten EU-Volkswirtschaft wächst seitdem Jahr für Jahr. Am Donnerstag, so schätzte die Statistikbehörde CBS, wurde die Marke von 18 Millionen geknackt. Innerhalb einer Generation ist die Einwohnerschaft damit um ein Sechstel gewachsen: Als Fluitsma & Van Tijn ihr Lied komponierten, bewohnten laut CBS 15,4 Millionen Menschen die Niederlande. Und das Wachstum beschleunigt sich: Die jüngste Million ist seit 2016 hinzugekommen, jene von 16 auf 17 Millionen hatte noch etwa doppelt so lange gebraucht: fünfzehn Jahre.
Der Befund ist auch politisch bedeutsam. Zur Parlamentswahl im November war die Einwanderung ein zentrales Thema; es geht nicht nur um Flüchtlinge, sondern auch um hoch qualifizierte Arbeitnehmer (Expats) und ausländische Studenten. Wohnungsnot, überlastete Infrastruktur und auch kulturelle Unterschiede bewegen die Leute. Das Land ist, wenn man vom kleinen Inselstaat Malta als Sonderfall absieht, in der EU das weitaus am dichtesten besiedelte.
Ballungsgebiet immer dichter
Die Statistikbehörde Eurostat zählte 2022 knapp 518 Einwohner je Quadratkilometer, vor Belgien (384 Einwohner) und Deutschland (237). Zwar sterben mehr Menschen, als dass Babys geboren werden – das galt für die vergangenen beiden Jahre ebenso wie für die erste Hälfte des laufenden Jahres, wie CBS mitteilte. Aber dies wird durch Einwanderung aus dem Ausland mehr als ausgeglichen. „Die Zahl neuer Einwohner mit ukrainischer oder syrischer Herkunft war am höchsten“, so das CBS.
Besonders stark sind seit 2016 Gemeinden in der Randstad gewachsen, dem Ballungsgebiet im Westen. Den höchsten Zuwachs erfährt die Hauptstadt Amsterdam, gefolgt vom Regierungssitz Den Haag, der Hafenmetropole Rotterdam und dem zentral gelegenen Kongressort Utrecht. Auf Platz fünf der Wachstumsliste: Almere, im vergangenen halben Jahrhundert auf neu gewonnenem Land der Provinz Flevoland entstanden und auch als Schlafstadt für den Großraum Amsterdam konzipiert. 29 der 342 Gemeinden im Land verloren per saldo Einwohner: am meisten die Gemeinde Eemsdelta im hohen Norden sowie weit im Süden Sittard-Geleen und Kerkrade.