Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) verurteilt, dass bei pro-palästinensischen Demonstrationen am Wochenende Grenzen überschritten wurden. „Es ist völlig inakzeptabel, dass islamistische Extremisten auf den Straßen unseres Landes für ihre Ziele werben und ein Kalifat fordern“, teilte Wüst am Samstagabend auf der Plattform X mit. „Das werden wir nicht hinnehmen.“
Unter anderem in Essen waren am Freitag 3000 Personen bei einer als Pro-Palästina-Demonstration angemeldeten Kundgebung auf die Straße gegangen. Es waren teilweise Transparente mit der Forderung nach der Errichtung eines Kalifats zu sehen. Dazu ruft beispielsweise Hizb ut-Tahrir auf, für die seit 2003 ein Betätigungsverbot gilt.
Wüst teilte mit, dass alle Vorgänge auf ihre strafrechtliche Relevanz untersucht würden und die Behörden abermals die Auflagen für solche Demonstrationen überprüften. Die freiheitliche, demokratische Grundordnung werde „mit der ganzen Härte des Rechtsstaats“ verteidigt. Wer in Deutschland leben wolle, müsse sich zum Grundgesetz bekennen und dürfe das Existenzrecht Israels nicht in Zweifel ziehen.
Symbole, die dem „Islamischen Staat“ und der Taliban ähneln
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul hatte zuvor am Samstag im WDR erläutert, dass der Staatsschutz die Demonstration in Essen sehr sorgfältig beobachtet habe, und immer dann, wenn er konnte, eingegriffen habe. Die Video- und Tonaufnahmen würden weiter geprüft. „Und wenn wir einen Nachweis haben, wird zugegriffen. Aber wir müssen es beweisen“, sagte der CDU-Politiker. Bei einem Video prüfe die Staatsanwaltschaft und gehe wahrscheinlich davon aus, dem wegen Volksverhetzung nachzugehen.
Die Polizei hatte während der Kundgebung bei Sprechchören, Symbolen und Fahnen zunächst keine strafbaren Verstöße festgestellt. Außer pro-palästinensischen Fahnen und Zeichen seien auch solche gezeigt worden, die den verbotenen Symbolen des „Islamischen Staates“ und der Taliban ähnelten, aber nicht verboten seien, erklärte die Polizei.
Am Samstag kam es zu weiteren Protesten in deutschen Städten. Allein in Düsseldorf demonstrierten nach Polizeiangaben fast 17.000 Menschen. Ein Polizeisprecher sprach am späten Nachmittag von einem insgesamt friedlichen Verlauf. Mehrere Plakate seien sichergestellt worden, auf denen der Holocaust relativiert wurde. Dagegen werde es Strafverfahren geben.
In Berlin zählte die Polizei am Samstagabend etwa 8500 Demonstranten. Es kam bei der Kundgebung zu mehreren Auflagenverstößen. In mehreren Dutzend Fällen wurden die Personalien aufgenommen. Die Polizei verzeichnete 64 Anzeigen, davon 16 wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Es seien mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Bei der Berliner Demonstration waren Palästina-Flaggen und Plakate mit Aufschriften wie „Stoppt den Genozid in Gaza“ oder „From the river to the sea – we demand equality“ zu sehen. Übersetzt: Vom Fluss bis zum Meer fordern wir Gleichheit für alle. Gemeint sind der Fluss Jordan und das Mittelmeer.
Eine Rednerin forderte ein Ende der „Apartheidskultur“ und den Stopp der Bombardierungen in Gaza. Aufgerufen zur Demo hatten mehrere pro-palästinensische Gruppierungen. Mobilisiert hätten zudem „viele aus dem linkspolitischen Spektrum, die auch in diesem Jahr bereits zur ‚revolutionären 1. Mai-Demo‛ aufgerufen haben“, so die Polizei.
In Duisburg nahmen weniger als hundert Demonstranten an einer pro-palästinensischen Kundgebung vor dem Hauptbahnhof teil. Die Polizei fertigte drei Strafanzeigen gegen Teilnehmer an wegen Volksverhetzung und Billigung von Straftaten. In Münster demonstrierten bis zu 400 Personen.