Der Kuchen für den Geburtstag war schon bestellt. Der Rentner bereitete seine Feier vor, die Familienmitglieder waren eingeladen – so schildert es die Tochter des Mannes. Doch zu der Geburtstagsfeier kam es nicht, weil der Rentner gut zwei Wochen vor seinem Geburtstag zu Tode kam. Deshalb wird die Tochter im Hanauer Gerichtssaal befragt, die Schwurgerichtskammer des Landgerichts muss die Umstände des Todes aufklären.
Angeklagt ist die 1972 geborene Frau des Toten, Martha M. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat die Kolumbianerin ihren Mann im Jahr 2020 in der gemeinsamen Wohnung in Maintal getötet. Nach einem verbalen Streit des Paares habe die Frau dem Mann ein 26 Zentimeter langes Küchenmesser in die Brust gestochen, wie Staatsanwalt Florian Hübner zum Prozessbeginn am Montag vorträgt. Das Messer habe Lunge und Herz verletzt, daran sei das Opfer noch in der Wohnung gestorben. Die Anklage lautet auf Totschlag.
Die Ermittlungen dauerten lange, erst 2022 lag die Anklage vor. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts lehnte es nach Angaben der Staatsanwaltschaft zunächst ab, die Hauptverhandlung zu eröffnen, weil nach ihrer Meinung kein hinreichender Tatverdacht gegen die Ehefrau bestand. Auf Beschwerde der Anklageseite entschied das Oberlandesgericht Frankfurt, dass doch ein Prozess geführt werden muss. Dafür hat das Landgericht Verhandlungstage bis in den Oktober hinein festgelegt.
Im Gerichtssaal will die Angeklagte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Ihr Verteidiger Sebastian Schales gibt das zu Prozessbeginn bekannt. Der Anwalt will auch alles widerrufen, was die Angeklagte vorher ausgesagt hatte, weil die Polizei die Mandantin nicht korrekt über ihre Rechte als Beschuldigte belehrt habe.
Zeugin spricht von Ehestreit und Gewalt
Dafür gibt die Tochter des Getöteten als erste Zeugin ausführlich Auskunft. Von ihrer Stiefmutter – der Angeklagten – , und auf Umwegen habe sie verschiedene „Geschichten“ gehört, wie ihr Vater zu Tode gekommen sein soll. Demnach hat Martha M. unter anderem behauptet, ihr Mann habe sich selbst getötet. In einer Variante des Geschehens hat er selbst noch das Messer abgewaschen, bevor er zusammengebrochen ist. Die Tochter widerspricht vehement der Behauptung eines Suizids: Ihr Vater sei ein lebensfroher Mann gewesen, habe das Zusammensein mit den Enkeln genossen, den Geburtstag vorbereitet. Von Menschen, die sich selbst töten, habe er nicht viel gehalten. Stets habe er gesagt, Schwierigkeiten im Leben seien kein Grund, es zu beenden. Das hebt die Tochter mehrfach hervor.
Ansonsten berichtet die Zeugin vom Streit des Ehepaars. Dabei sei die Stiefmutter handgreiflich geworden, sie habe zum Beispiel ihrem Mann ein Mobiltelefon ins Gesicht geworfen. Als ihr Vater gekommen sei, um seine Enkel zu sehen, seien ihr ein blauer Fleck und Kratzer aufgefallen, der Vater habe das aber heruntergespielt, sagt die Tochter. Sie habe ihrem Vater immer wieder geraten, sich zu trennen, deshalb sei es zwischen ihm und ihr zu Missstimmung gekommen.
Auch sonst habe der Mann Kummer mit seiner neuen Familie gehabt, denn seine Frau sei oft wochenlang nicht zuhause gewesen, sie habe eine Affäre gehabt. Über die Stiefmutter und die jugendliche, gemeinsame Tochter der Angeklagten und des Opfers sagt die Zeugin: „Die haben mit ihm gemacht, was sie wollten. Es ging alles drunter und drüber.“