Uhrenmarken mit langer Tradition verfügen über einen riesigen Formenschatz. Da ist die Gefahr groß, sich immer wieder selbst zu zitieren und – leider auch – sich zu wiederholen. Rainer Brand, der Uhrmachermeister aus Heimbuchenthal im Spessart weiß, wovon wir reden: „Als ich mit der Uhrmacherei anfing, waren die klassischen Breguets und Vacheron Constantins unsere Designikonen. Aber man kann ja nicht ewig in der Vergangenheit leben.“
Und das gelte eigentlich für die gesamte Branche: „Derzeit sind gefühlt 95 Prozent aller Neuerscheinungen Retro-Uhren. Das halte ich für eine Sackgasse.“ Zumindest für die eigene Marke und hier auch im Hinblick auf die sich verändernde Kundschaft: „Junge Leute schauen Uhren mit ganz anderen Augen an als unsere Generation.“ Diesen Blick hat er sich ein Stück weit zu eigen gemacht, jedenfalls reichte es dazu, eine eigene Formensprache zu entwickeln, die sich wohltuend von anderen abhebt.
Den ersten Schritt in diese Richtung machte er mit einem Chronographen, der „Kerala Flyback“, richtig offensichtlich wurde es im Jahr 2016, mit der „Take Five“, drei Jahre später folgte die „Ecco hoch zwei“ und nun ist hat er wieder einen Chronographen an den Start gebracht, die „Yoho“. Ihr Namenspate ist ein amerikanischer Nationalpark, was viel mit Rainer Brands Liebe zu tun hat, und natürlich der Liebe zu Uhren, die ihm selbst gefallen. In einer Branche, die ein enormes Marketing-Bohei pflegt, ist es regelrecht wohltuend, sich mit einem Uhrenbauer zu beschäftigen, der genau das tut, was er selbst für richtig hält.
Handschuhweiches Lederband
Mit der Yoho hat er nach unserer Meinung voll ins Schwarze getroffen, obgleich das Zifferblatt strahlend weiß erscheint. Das Zifferblatt wird oft als Gesicht der Uhr bezeichnet – und diese Uhr hat ein wirklich schönes, ausgewogenes Gesicht: Oben stehen Marken- und Modellname unten wird darauf hingewiesen, dass es sich um einen Chronographen handelt, der in fünf Lagen einreguliert ist. Darunter öffnet sich halbmondförmig ein Datumsfenster. In der Horizontalen halten sich die permanente kleine Sekunde (links) und der Minutenzähler des Chronographen (rechts) die Waage. Die aufgesetzten Leuchtziffern sind nur schmal gerahmt und erscheinen weiß. Sie sind wie die Zeiger und der Hintergrund der Datumsscheibe mit Leuchtmasse, was auch eine sehr gute Ablesbarkeit in der Dunkelheit mit sich bringt.
Als Antrieb dient das Kaliber SW510 des Schweizer Herstellers Sellita, das fein sandgestrahlt ist und so eine sehr zurückhaltende, technische Anmutung erhält. Dieser Charakter wird von dem hauseigenen Rotor unterstrichen. Wie schon auf dem Zifferblatt abgelesen, ist das Uhrwerk in fünf Lagen reguliert, was hohe Gangpräzision andeutet. Diese Erwartung konnte die Uhr während einer Woche Tragezeit voll erfüllen. Wir registrierten per Abgleich mit einer Funkuhr einen stabilen, täglichen Vorgang von zwei Sekunden. Das ist chronometertauglich.
Verpackt ist das Ganze in einem schlichten, aber enorm hochwertigen Edelstahlgehäuse mit 40,5 Millimeter Durchmesser. Ein schmaler Edelstahlrand ums Saphirglas lässt dem Zifferblatt viel Platz, weshalb die Uhr sogar etwas größer erscheint als sie ist. Gehalten wird die Uhr von einem handschuhweichen Lederband, das für einen sehr hohen Tragekomfort sorgt. Das Leder des Bandes stammt von einer Biogerberei im Allgäu und ist in sechs Farben erhältlich.
4400 Euro verlangt Rainer Brand für diesen Chronographen, was kein Schnäppchen ist, wir aber als durchaus angemessen betrachten. Zu kaufen sind diese Uhren bei vielen Uhrmachern, Juwelieren und auch direkt im Spessart, da allerdings nur nach telefonischer Voranmeldung.