Die Zeit des FC Bayern München ohne Lichtgestalt Franz Beckenbauer hat dank Fußball-Künstler Jamal Musiala mit einem am Ende standesgemäßen Sieg begonnen. Beim kurzzeitig auch mal wackligen 3:0 (1:0) zum Jahresauftakt gegen die TSG 1899 Hoffenheim hätte wohl auch der „Kaiser“ seine Freude am Auftritt des zweifachen Torschützen Musiala gehabt.
Der Nationalspieler erzielte am Freitagabend in der 18. Minute nach einer einstudierten Ecke mit einer glanzvollen Ballmitnahme und einem beherzten Abschluss aus spitzem Winkel zunächst für das 1:0. In der 70. Minute erhöhte der beste Spieler auf 2:0 – wieder auf Vorlage von Leroy Sané. Das 3:0 erzielte Torjäger Harry Kane in der Nachspielzeit (90.+1) mit seinem 22. Saisontreffer. Ein Abseitstor von Sané nach der Pause zählte zunächst nicht (56.). Kurz darauf schoss der herausragende Musiala wuchtig an den Pfosten (58).
„Das war ein super Spiel. Ich habe richtig viel Spaß gehabt“, meinte Musiala beim Streamingdienst DAZN. „Er war unser absolut bester Spieler“, lobte Trainer Thomas Tuchel Musiala. Sein Fazit fürs Spiel fiel ernüchternder aus: „Es war kein Schmankerl, würde ich sagen. Am Ende ist es ein 3:0. Job erledigt.“
Schweigeminute und Beifall für Beckenbauer
Der Abend stand in der ausverkauften Allianz Arena freilich ganz im Zeichen des Gedenkens an Beckenbauer, der am vergangenen Sonntag im Alter von 78 Jahren gestorben war. „Es ging heute auch um Franz Beckenbauer, also um die Freude am Leben, am Fußball, am gemeinsamen Gewinnen und darum, das Ganze nicht zu ernst zu nehmen. Da war der Franz ein gutes Vorbild“, sagte Thomas Müller nach dem Schlusspfiff bei Sat.1.: „Auch wenn ich persönlich zu jung bin, um viel Kontakt mit ihm zu haben. Ich konnte mir da einiges abschauen.“
Neben Musiala war Kapitän Manuel Neuer in seinem 500. Pflichtspiel für den FC Bayern mal wieder ein Erfolgsgarant. Der Nationaltorhüter verhinderte zweimal gegen Maximilian Beier (63.) und Andrej Kramaric (64.) das 1:1. Glück hatte Neuer zudem bei einem Lattentreffer von Beier (65.). Nach der Pause verloren die Bayern die Kontrolle, Hoffenheim drehte auf. Nach Musialas zweitem Treffer und der direkt danach folgenden Gelb-Roten Karte für Grischa Prömel (74.) waren die Gäste in Unterzahl nicht mehr in der Lage, das Spiel zu wenden.
„Danke Franz“ stand in großen weißen Lettern auf der Rot leuchtenden Arena, in der sich der deutsche Serienmeister zum Hinrundenabschluss der Bundesliga zum Erfolg mehr mühte als zauberte. Es war ein Stotterstart der Bayern, die am Sonntag in ein kurzes Trainingslager nach Portugal aufbrechen. Dort hat Trainer Thomas Tuchel noch einiges zu verbessern.
Dessen wichtigsten Auftrag erfüllten seine Bayern-Stars letztlich überzeugend: In der Tabelle rückten sie bis auf einen Zähler an Tabellenführer Bayer Leverkusen heran, der am Samstag beim FC Augsburg nachziehen muss. Die Münchner haben schließlich noch ein Nachholspiel gegen Union Berlin in der Hinterhand.
„Gute Freunde kann niemand trennen“ – der legendäre Beckenbauer-Song hallte wiederholt durch die Arena. Beim Einlaufen der Mannschaft sangen viele Fans inbrünstig mit. Auch als Tor-Hymne erklang das Lied. „Der Franz hätte gewollt, dass die Mannschaft gut spielt“, hatte der frühere Bayern-Chef und Beckenbauer-Weggefährte Karl-Heinz Rummenigge vor dem Spiel bei DAZN gesagt. Gut war vor allem Musiala – und dazu das Endergebnis.
Bayern-Profis und die Nummer 5
„Die Lichtgestalt geht auf die letzte Reise – Ruhe in Frieden, Kaiser“, stand auf einem Transparent, das die besonders treuen Bayern-Fans vor der Südkurve aufgehängt hatten. Die Trauer und die Erinnerung an prägten den Abend. Die Bayern-Profis trugen beim vor dem Anpfiff rote Trainingsanzüge mit der legendären 5. Auf den Shirts der Einlaufkinder stand ebenfalls Beckenbauers Trikot-Nummer. Unzählige Erfolge als Libero des FC Bayern bejubelte Beckenbauer mit der 5 – ebenso mit der deutschen Nationalelf, die er 1974 erst als Kapitän und 16 Jahre später als DFB-Teamchef jeweils zum WM-Triumph führte.
Die Schweigeminute wurde mit Stille, aber auch von Applaus begleitet. Beide Mannschaften trugen Trauerflor. Bayerns erster Winterzugang, der Engländer Eric Dier, zählte einen Tag nach seiner Verpflichtung noch nicht zum Kader. Der von Tottenham Hotspur ausgeliehene Profi soll den personellen Engpass in der Abwehr verringern.
Die Trauer um Beckenbauer wird den FC Bayern noch länger begleiten. „Der ganze Klub war sehr betroffen, fast in einer leichten Schockstarre“, sagte Rummenigge. Eine Gedenkfeier mit zahlreichen Ehrengästen aus Politik, Kultur und Sport sowie zahlreichen Weggefährten wird es am kommenden Freitag in der Arena geben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird teilnehmen und eine Rede halten. Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) wird dann in München dabei sein.