Bei der Europawahl 2009 blieb die Wahlbeteiligung unter den Jungen niedrig. Aber dann passierte etwas. Die Arbeitslosenquote sank jedes Jahr, die Konjunktur zog an. 2014 wählten schon rund 35 Prozent der 21- bis 29-Jährigen, im Jahr 2019 waren es rund 55 Prozent. Die Jungen wählten mittlerweile so zahlreich, dass sie die Wahlbeteiligung im Gesamtdurchschnitt auf den höchsten Stand seit 1994 hoben.
Sie sagten, sie seien motiviert durch den Brexit und den Klimawandel. Damals begannen die Demonstrationen von Fridays for Future. Aus der anfänglich technokratischen Kritik an einem zu zaghaften Klimaschutz entwickelte sich mit den Jahren eine ideologische Haltung. Heute ist Fridays for Future gewerkschaftsnah und weltanschaulich links. Das wiederum provoziert Gegenstimmen. Die AfD lockt mittlerweile nicht nur die Generation Gauland an, sondern auch Jugendliche. Linke Klimaschützer entgegnen dem, sie müssten nun nicht nur die Welt retten, sondern auch die Demokratie. Und wo der Ton so hochtrabend ist, fragen andere, ob es einen maßvollen Mittelweg geben könnte. So nimmt die Politisierung auf allen Seiten weiter zu.
In einer Umfrage der schleswig-holsteinischen Landesregierung unter jungen Erstwählern sagten 63 Prozent, sie wollten bei der kommenden Europawahl mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Stimme abgeben.
Und ihre Gründe waren ganz und gar nicht blutleer und pragmatisch, sondern voller Pathos. In der Rangliste politischer Fragen waren ihnen „Menschenrechte“ am wichtigsten, gefolgt von „Krieg und Frieden“. Der „Sport“ hingegen, den eine unpolitische Jugend wohl der Unterhaltsamkeit wegen hoch einsortiert hätte, rangierte auf dem vorletzten Platz. Es gibt wieder politische Energie. Von dieser Generation wird noch zu hören sein.