Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) spricht sich dafür aus, die Schuldenbremse zu reformieren. „Es muss eine Schuldenbremse geben, aber die jetzige ist erkennbar nicht mehr zeitgemäß“, sagte er der „Zeit“ – und er fügte hinzu: „Wir haben einen extremen Investitionsbedarf auf diversen Feldern.“
Steinbrück war Finanzminister zu Zeiten der Großen Koalition, als die Schuldenbremse 2009 vom Bundestag beschlossen wurde. Sein Ministerium hatte den Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Die Politik brauche Regeln der soliden Staatsfinanzierung, so Steinbrück weiter: „Sie neigt dazu, in Schulden zu flüchten, um Steuern zu senken oder soziale Wohltaten zu verteilen, weil das selbstredend populär ist.“
Für die Aufnahme von Krediten zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen gebe es hingegen gute Gründe. „Das sollte eine Schuldenbremse berücksichtigen.“
Scholz mahnt zur Vorsicht
Bundeskanzler Olaf Scholz hat derweil angemahnt, besonnen auf das Karlsruher Urteil zum Klimafonds KTF zu reageiren. „Die Dinge werden jetzt sehr sorgfältig diskutiert, alles andere wäre eine Missachtung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“, sagte Scholz am Dienstag auf dem Digitalgipfel in Jena mit Blick auf die nötigen Haushaltsentscheidungen. „Und deshalb geht hier Sorgfalt vor alles andere“, fügte er auf die Frage nach den milliardenschweren Zuschüssen für Chip-Fabriken hinzu. „Das heißt auch, dass nicht jeder gleich das, was ihm gerade auf dem Herzen liegt, rausplappern muss“, sagte Scholz. Was er damit genau meinte, wollte er nicht sagen.
Zuvor hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck betont, er werde nicht akzeptieren, dass die geplanten, aber bisher nicht fest zugesagten Förderprojekte aus dem KTF nun gestrichen würden. Auch Kanzler Scholz (SPD) hatte vergangenen Freitag betont, er wolle an den milliardenschweren Subventionen für geplante Fabriken von Intel und TSMC festhalten.
Der Kanzler sagte, man dürfe in der jetzigen Debatte nicht vergessen, dass man trotz des Karlsruher Urteils sehr viel Geld im Bundeshaushalt habe. „Wir wollen die Modernisierung unserer Volkswirtschaft weiter vorantreiben und dazu gehören Halbleiter und die Ansiedlung der Halbleiterindustrie.“ Auch der klimafreundliche Umbau der Industrieproduktion sei damit gemeint. Man werde nun eine Lösung „mühsam politisch“ erarbeiten. Aber man erlebe ihn „nicht als einen Menschen ohne Zuversicht“, betonte Scholz.
Merz: „Es geht eben nicht mehr alles“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hält trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt an den Vorhaben der Bundesregierung mit Blick auf Klimaschutz und Investitionen fest. „Wir müssen das nach wie vor möglich machen“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Es sei nun die Aufgabe, „in Ruhe und konzentriert“ einen Ausweg aus den Finanzierungsnöten zu finden, die das Karlsruher Urteil nach sich zieht. Er betonte, diese Lösungen seien zunächst „hinter den Kulissen“ zu erarbeiten und nicht in einer öffentlichen Diskussion.
Habeck betonte, dass Deutschland mit Investitionen in heimische Technologien, die dem Klimaschutz dienen, auch die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen wolle. Diese „zentralen Projekte“ wolle er weiterhin realisieren, auch wenn die aktuelle rechtliche Lage mit Blick auf den Haushalt und schuldenfinanzierte Sonderfonds dies erschwere. Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz forderte hingegen einen Verzicht auf die Kindergrundsicherung, das Heizungsgesetz und auf ein höheres Bürgergeld. „Es geht eben nicht mehr alles“, sagte er in der ARD-Talkshow „Maischberger“.