Dass der seit Freitag in Untersuchungshaft sitzende Gründer der kollabierten Immobilien- und Handelsgruppe Signa, René Benko, ein Faible für Prunk hat, provoziert viele Gläubiger. Möglich war der Lebensstil, weil beträchtliche Vermögensteile rechtzeitig in Stiftungen übertragen wurden. Davon begünstigt sind Angehörige. Es geht um mutmaßliche Verschiebungen, um Vermögenswerte im Zuge der Insolvenzen dem Zugriff von Gläubigern und Behörden zu entziehen. Zentral ist etwa die Laura Privatstiftung, wo viel Werthaltiges geparkt wurde und womöglich verschleiert worden ist.
Wie viel aktuell in dieser – einer von mehreren – Benko-nahen Privatstiftungen liegt, ist unklar. Die „Tiroler Tageszeitung/TT“ veröffentlichte aber am Wochenende eine Liste von Vermögen aus dem Jahr 2023 über die 2006 in Innsbruck gegründete Laura Privatstiftung. Stifter sind damals wie heute Benko und dessen Mutter Ingeborg. Begünstigter ist der Finanzjongleur nicht mehr, er lebte aber auch nach dem Kollaps seines Immobilienimperiums weiter auf großem Fuß – dank Zuwendungen seiner begünstigten Mutter.
Wesentliche Säulen in den Stiftungen sind Immobilien. Dazu gehören zahlreiche Liegenschaften in Deutschland: Leipzig, Halle, Dresden, Chemnitz, Erfurt, Magdeburg, aber auch etwa das „Charlotte“ genannte Gebäude am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte, wo das größte Schokoladenhaus der Welt untergebracht ist. Sein Hauptwohnsitz ist eine Villa in Innsbruck Igls, die auch von Sicherheitsdiensten bewacht wird. Insgesamt gibt es dort Personal mit rund zwei Dutzend Personen. Die Mutter überlässt das Haus dem Sohn unentgeltlich. Dafür bekommt sie von einer Stiftung eine Miete von gut 200.000 Euro im Monat. Das Haus gehört der Schloßhotel Igls Betriebs GmbH & Co KG. Kommanditistin ist die nach dem Namen einer Tochter benannte Laura Privatstiftung.
Die Mutter übt die Stifterrechte allein aus
Im Lauf der Zeit wurde die Stiftungsurkunde mehrfach geändert – vor allem die Stifterrechte, die im Wesentlichen bestimmen, wer das Sagen in der Stiftung hat, was schon von mehreren Medien berichtet wurde. 2006 kamen die Stifterrechte noch dem Gründer der Signa-Gruppe allein zu, 2010 dann zusätzlich auch seiner Mutter Ingeborg. 2013 (nach Benkos Prozess wegen Korruption) wurden die Stifterrechte seiner Mutter übertragen, bis heute übt offiziell sie allein die Stifterrechte aus. Im März 2024 schied René Benko auch aus dem Beirat der Laura Privatstiftung aus – drei Tage bevor er Konkurs als Privatunternehmer anmeldete.
Neben Immobilien listet die „TT“ über das Vermögen der Laura Privatstiftung kurz vor Kollaps der Gruppe im November 2023 Luxusgüter wie Jacht, Privatjet, Ferrari-Sammlung und Kunstsammlung auf. Penibel wurde für jedes Objekt der jeweilige Marktwert angeführt: Summiert ergibt sich ein Marktwert von rund einer Milliarde Euro, wobei die Vermögenswerte in den Büchern mit 740 Millionen Euro angegeben wurden. Gleichzeitig werden 370 Millionen Euro an Kreditverbindlichkeiten genannt.
Ein Chalet in Lech am Arlberg, eine 600-Quadratmeter-Dachgeschoßwohnung samt 400-Quadratmeter-Terrasse am Wiener Fleischmarkt, auch Forstgüter gehörten zum Liegenschaftsvermögen der Stiftung. Eine Hälftebeteiligung am Palais Menz in Bozen sowie Villen am Gardasee rundeten das Immobilien-Portfolio der Laura Gruppe ab. Hinzu kam die damals noch werthaltige Beteiligung an der Laura Holding von gut 200 Millionen Euro, die ihrerseits Beteiligungen an Premium-Immobilien hielt. Als weitere Luxusgüter der Vermögensaufstellung der Laura Privatstiftung werden neben der Jacht Roma, ein Privatjet und zwei Ferraris genannt. Teil davon war auch eine millionenschwere Kunstsammlung. Bei Forderungen gegen Benko im Zuge dessen Insolvenz von mehr als zwei Milliarden Euro wäre der Zugriff daher aus Gläubigersicht nötig.
Masseverwalter: Betreten juristisches Neuland
Inzwischen wurden einige Vermögenswerte verkauft. Mit einer Klage versucht Benkos Masseverwalter Andreas Grabenweger zu erreichen, dass die Stifterrechte von Benkos Mutter dem Masseverwalter zukommen. Erster offizieller Verhandlungstermin ist kommenden Donnerstag am Innsbrucker Landesgericht. Das Prozessziel liegt darin, dass jene Änderungen in den Stiftungsurkunden und Stiftungszusatzurkunden, mit welchen im Laufe der vergangenen Jahre die Stifter- und Begünstigtenrechte Benkos geändert wurden, als Scheingeschäfte aufzuheben, sodass die betreffenden alten Stiftungsurkunden wieder in Kraft treten, in welchen Benko noch wesentliche Gestaltungsrechte zukamen. Das könnte Folgen haben. Zwar will Grabenweger noch nicht von einem Präzedenzfall sprechen, wie er am Sonntag gegenüber der F.A.Z. klarstellte: „Mit diesem Weg wird juristisches Neuland betreten. Die Behauptung von Scheingeschäften und Nichtigkeit ist natürlich kein Präzedenzfall, juristisches Neuland wird hier – in dem besonderen Fall der Stiftungen – dennoch betreten.
Besonders machen die Stiftungen im Zusammenhang mit Benko aus Sicht von Martin Trenker, Vorstand des Instituts für Zivilgerichtliches Verfahren an der Universität Innsbruck, dass diese Stifterrechte nicht René Benko, sondern im Wesentlichen seiner Mutter Ingeborg zustehen. Der Masseverwalter von René Benko kann sie daher nur ausüben, wenn ihm der Nachweis gelingt, dass Ingeborg nur als Strohfrau oder Treuhänderin für René fungiert, erläutert Trenker.
Privatstiftungen können den Zugriff der Gläubiger aufgrund ihrer eigentümerlosen Struktur zweifellos erschweren. Wie Trenker klarstellt, bleibt dem Stifter – anders als bei einer Gesellschaft – kein echter Anteil zurück. Juristisch ließen sich jedoch viele, wenn auch nicht alle Probleme dadurch in den Griff bekommen, dass man Regeln des Gläubigerschutzrechts in einer Weise auslegt, dass sie die Besonderheiten der Privatstiftung einfängt. Trenker sieht diese Aufgabe besser bei den Gerichten als beim Gesetzgeber aufgehoben, „weil eine Pauschalregulierung durch den Gesetzgeber der Vielschichtigkeit und Komplexität denkbarer Probleme kaum gerecht werden kann. Wenn, dann sollte der Gesetzgeber darüber nachdenken, ob es eine Konstruktion wie jene der Privatstiftung, zumal damit sicher ein gewisses Missbrauchspotential zulasten des Gläubigerschutzes einhergeht, wirklich (noch) braucht.“
Aus Sicht von Masseverwalter Grabenweger wären verschärfte Offenlegungspflichten der Bücher im Zusammenhang mit dem Stiftungsrecht nötig. Dies könnte vieles im Vorfeld verhindern. Auch die Einrichtung von externen Kontrollorganen wäre sinnvoll. Denn das Risiko besteht, dass der Stifter die Mitglieder des Stiftungsvorstandes letztendlich indirekt oder direkt bestimmt. Ebenso die Zusammensetzung des Beirats und auch der Begünstigten. Und das schafft natürlich Missbrauchsmöglichkeiten.
Maßgebliche Änderungen in der Laura Privatstiftung sind aber schon 2013 passiert. „Es erschwert unsere Aufgabe, weil wir die Anfechtungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung über alles, was über zehn Jahre hinaus passiert ist, nicht mehr in Anspruch nehmen können. Andererseits hat er wenige Tage vor seiner Insolvenzanmeldung sein Beiratsmandat in der Laura Stiftung zurückgelegt.“ Auch das erschwert den Einblick. Über die Laura Privatstiftung hinaus gibt es die „IngBe“ in Liechtenstein, an der noch eine weitere Stiftung hängt. An diese Vermögenswerte heranzukommen ist noch schwieriger, weil es über die Grenze sehr kompliziert ist, zu den Unterlagen zu kommen, wenn der Schuldner nicht damit einverstanden ist, wie Grabenweger weiß.