„The People Call Donald J. Trump“. Das waren die Worte, die am Montagmorgen die mit Spannung erwartete Zeugenaussage des früheren Präsidenten in einem New Yorker Gericht einläuteten. In dem Zivilverfahren muss er sich wegen Betrugs verantworten. Trump also schritt zum Zeugenstand und hob seine rechte Hand zum Schwur.
Es sollte nicht lange dauern, bis er mit dem zuständigen Richter Arthur Engoron aneinandergeriet. Als er eine ausgedehnte Antwort auf eine Frage gab, mahnte ihn Engoron, er soll „keine Reden“ halten. Nur rund eine halbe Stunde nach Beginn der Befragung sagte Engoron entnervt zu Trumps Anwalt: „Können Sie Ihren Mandanten kontrollieren? Dies ist keine politische Kundgebung.“ Der Richter drohte sogar damit, die Zeugenaussage vorzeitig zu beenden und dies in die Überlegungen für sein Urteil einfließen zu lassen.
Nach rund einer Stunde beschwerte sich Trump: „Dies ist ein sehr unfairer Prozess. Sehr, sehr unfair, und ich hoffe, die Öffentlichkeit schaut zu.“ Der frühere Präsident attackierte Engoron auch persönlich, während er neben ihm saß. „Wir haben einen sehr feindseligen Richter,“ sagte er einmal. Insgesamt verbrachte er fast vier Stunden im Zeugenstand. Hinterher bezeichnete er die Klage gegen ihn als „Schwindel“ und sagte, sie sollte sofort fallengelassen werden.
Überbewertete Immobilien? Nein, unterbewertet, sagt Trump
Trumps Aussage ist der bisherige Höhepunkt in einem Prozess, der vor etwas mehr als einem Monat begann. Es geht dabei um den Vorwurf, Trump habe in seinem Immobilienimperium über Jahre hinweg überhöhte Bewertungen für sein Vermögen angegeben, um von Banken günstigere Konditionen für Kredite zu bekommen. Trump wies das am Montag im Zeugenstand von sich. Er sagte, nach seinem Dafürhalten seien seine Immobilien in seinen Finanzberichten nicht überbewertet, sondern sogar unterbewertet. „Mein Nettovermögen war viel größer als in den Finanzdokumenten.“
Der Prozess geht auf eine Klage zurück, die im vergangenen Jahr von der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James eingereicht wurde. Sie fordert darin 250 Millionen Dollar. Dies ist nach ihrer Darstellung der Betrag, um den sich die Beklagten – darunter neben Trump selbst auch seine Kinder Eric und Donald junior – mit ihren betrügerischen Praktiken bereichert haben.
Trump hatte den Tag seines Auftritts schon mit Beschimpfungen begonnen. Als er in das Gerichtsgebäude kam, trat er kurz vor die Kameras und nannte James, eine Afroamerikanerin, eine „Rassistin“. Dies hat er in der Vergangenheit schon öfter getan. Im Zeugenstand sagte er, James solle sich schämen. Die Generalstaatsanwältin sagte am Montag, Trump könne so viele Schmähungen von sich geben, wie er wolle, dies ändere nichts an den Fakten und Zahlen. „Und Zahlen lügen nicht.“ Nach Trumps Auftritt sagte sie: „Er hat geschwafelt, und er hat mit Beleidigungen um sich geworfen, aber das haben wir erwartet.“
Der Richter hält Trump für einen Betrüger
Auf seiner Onlineplattform Truth Social hatte Trump am Montag den Rechtsstreit zum wiederholten Mal als „Hexenjagd“ beschrieben, die von Joe Biden angezettelt worden sei, seinem Nachfolger im Amt des US-Präsidenten, der wie er selbst bei den Wahlen im nächsten Jahr wieder antreten will.
Trump begann den Prozess in einer sehr schlechten Ausgangsposition. Richter Engoron hatte sich schon in der Woche vor Prozessbeginn weitgehend auf die Seite der Staatsanwaltschaft geschlagen und klargemacht, dass er Trump für einen Betrüger hält. Er reduzierte den Umfang des Prozesses damit im Wesentlichen auf die Frage nach einer möglichen Geldstrafe.
Er ordnete außerdem die Annullierung von Trumps New Yorker Geschäftslizenzen an, was dazu führen könnte, dass er die Kontrolle über einige seiner bekanntesten Immobilien wie den Trump Tower an der Fifth Avenue verliert. Als ein besonders dreistes Beispiel für Betrug beschrieb der Richter Trumps Angaben zu seinem dreistöckigen Appartement im Trump Tower, dessen Fläche er auf 2800 Quadratmeter beziffert habe, obwohl es nur etwas mehr als 1000 Quadratmeter groß sei.
Trump weist die Betrugsvorwürfe kategorisch zurück. Am Montag sagte er über Engoron: „Er hat mich einen Betrüger genannt, und er hat nichts über mich gewusst.“ Nicht Trump habe Betrug begangen, sondern das Gericht. Schon vor Prozessbeginn hatte der frühere Präsident versucht, den Spieß umzudrehen: „Es hat kein Verbrechen gegeben, das Verbrechen ist gegen mich.“ Seine Anwälte haben vor Gericht argumentiert, dass die Bewertung von Immobilien eine subjektive Angelegenheit sei. Zudem sei den Banken, die Trump Kredite gegeben haben, kein Schaden entstanden.
Am Mittwoch ist Ivanka dran
Bei Trumps Aussage am Montag kam auch sein Verhältnis zur Deutschen Bank zur Sprache, die lange Zeit die einzige größere Bank war, die ihm Kredite geben wollte. Dabei wurde bekannt, dass er erst kürzlich den letzten noch ausstehenden Kredit an sie zurückbezahlt hat. Es handelte sich dabei um Geld für ein Hotelprojekt in Chicago.
In der vergangenen Woche haben schon Trumps Söhne vor Gericht ausgesagt. Sie distanzierten sich dabei von etwaigen falschen Bewertungen und gaben an, sie hätten sich auf Buchhalter und Anwälte verlassen. An diesem Mittwoch soll auch Trumps Tochter Ivanka aussagen. Sie war ursprünglich auch unter den Beklagten, wurde aber vor einigen Monaten aus diesem Kreis herausgenommen.
Die Entscheidung in dem Fall liegt allein in der Hand des Richters, in dem Verfahren gibt es keine Geschworenen. Für Trump ist die Aussage in New York die erste in einem Prozess, seit er nicht mehr Präsident ist. Das Verfahren ist zivilrechtlicher Natur. Trump sieht sich derzeit auch vier strafrechtlichen Anklagen gegenüber.