Der ehemalige US-Präsident Donald Trump sitzt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug und dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol auf der Anklagebank. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber musste am Donnerstag zur formalen Vorstellung der Anklage vor einem Gericht in Washington erscheinen – und plädierte dort auf „nicht schuldig“. Die erste Anhörung nach der Anklageverlesung findet am 28. August statt. Richterin Moxila Upadhyaya setzte das Datum fest.
Nach dem Termin vor Gericht verließ Trump das Gericht durch die Hintertür und machte sich mit seiner Entourage direkt auf den Weg zurück zum Flughafen. Dort sprach er kurz zu den versammelten Reportern und erklärte, es sei ein trauriger Tag für das Land. Es sei auch sehr traurig gewesen, durch Washington zu fahren, dort sei alles dreckig und kaputt. Das sei nicht das Washington, was er verlassen habe. Trump behauptete, das Verfahren sei eine politisch motivierte Verfolgung. In einer Wahl könne er nicht besiegt werden, deshalb gehe man auf juristischem Wege gegen ihn vor.
Bereits kurz vor seiner Ankunft am Gericht hatte Trump einmal mehr gegen die Justiz gewettert und behauptet, es sei ihm „eine Ehre“, sich für seinen Einsatz gegen eine korrupte Wahl zu verantworten. Trump ist der erste ehemalige Präsident in der amerikanischen Geschichte, der wegen einer mutmaßlichen Straftat vor Gericht kommt – und das gleich in mehreren Fällen.
„Die Demokraten wollen nicht gegen mich antreten“
Die neue Anklage ist bereits die zweite Anklage auf Bundesebene gegen Trump, und insgesamt die dritte. In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar vor mehreren Jahren und wegen der unrechtmäßigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach dem Ende seiner Amtszeit.
Nun ist er mit den bislang schwerwiegendsten Vorwürfen konfrontiert. In der 45-seitigen neuen Anklageschrift werden Trump vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Erstmals geht es um mutmaßliche Straftaten während seiner Amtszeit im Weißen Haus. Im Falle einer Verurteilung könnte dem 77-Jährigen eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen. Experten zufolge würde eine Verurteilung Trump rechtlich nicht davon abhalten, bei der Wahl 2024 anzutreten – zumal höchst fraglich ist, ob bis dahin überhaupt ein rechtskräftiges Urteil vorliegen wird.
Trump weist alle Anschuldigungen zurück und wertet jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weiße Haus zu hindern. Im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber liegt er Umfragen zufolge weit vorne.
Am Donnerstag wertete er die Anklage einmal mehr als politisches Manöver. „Die Demokraten wollen nicht gegen mich antreten, sonst würden sie die „Justiz“ nicht so beispiellos als Waffe einsetzen“, schrieb Trump auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social kurz vor seinem Gerichtstermin in Washington. Er sollte das Gericht direkt nach der Präsentation der Anklage wieder verlassen.
Vor dem Gerichtsgebäude in Washington herrschte am Donnerstag enormer Medienandrang. Es kamen auch einige Unterstützer und Gegner Trumps zum Gericht. Ein Trump-Kritiker, Domenic Santana, streifte in einem Häftlingskostüm und einem Schild mit der Aufschrift „Sperrt ihn ein“ um das Gebäude. Er war bereits zu Trumps vorherigen Anklageverlesungen in New York und Miami gereist. „Er ist ein Betrüger“, schimpfte Santana über Trump. Unweit von ihm schwenkte ein eiserner Trump-Unterstützer, Dion Cini, eine gewaltige Fahne mit dem Konterfei des Ex-Präsidenten. Trump sei der beste Präsident, den das Land je gehabt habe, sagte Cini. Die Justiz versuche, Trump mit der Anklage nur von einer weiteren Präsidentschaft abzuhalten.
Der zuständige Sonderermittler Jack Smith hatte die beispiellose Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten am Dienstag bekanntgegeben. Trump wird beschuldigt, eine Verschwörung orchestriert zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen, Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen und ein offizielles Verfahren zu behindern. In der Anklageschrift wird Trump vorgeworfen, er habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. „Trotz seiner Niederlage war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben“, heißt es. Trump habe gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien.
Trump habe eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt. Dabei habe er sich mit sechs Komplizen zusammengetan, die in der Anklageschrift nicht namentlich genannt sind. Es handelt sich um vier Anwälte, einen Mitarbeiter der Justiz und einen politischen Berater.
Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er gestand seine Niederlage aber nie ein, sondern verbreitet seitdem falsche Behauptungen, er sei durch Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich zu kippen.
Der Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte schließlich am 6. Januar 2021 in einem nie dagewesenen Gewaltausbruch: An jenem Tag erstürmten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses, wo zu der Zeit Bidens Wahlsieg formal bestätigt werden sollte. Trump hatte seine Unterstützer in einer Rede kurz zuvor einmal mehr mit der Behauptung angestachelt, dass er durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden sei. Mehrere Menschen starben durch die Krawalle.