Drei Tage vor dem Beginn einer entscheidenden Gerichtsverhandlung haben mehr als Hunderttausend Israelis gegen den umstrittenen Umbau der Justiz demonstriert. Bei der zentralen Kundgebung in Tel Aviv nahmen Medienberichten zufolge am Samstagabend mehr als 118.000 Menschen teil. Die Organisatoren gaben die Zahl mit 140.000 an. Auf Plakaten war etwa zu lesen: „Das Gericht hat das Sagen“ oder „Ohne das Oberste Gericht gibt es keine Demokratie“. Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba und einigen anderen Städten gab es nach Angaben der Organisatoren Demonstrationen.
Auto fährt in Menschengruppe
Bei einer Demonstration in Tel Aviv fuhr am späten Abend ein Mann mit seinem Auto in eine Gruppe, die die Fahrbahn blockierte. Nach Angaben der Polizei wurden fünf Menschen leicht verletzt. Der Fahrer wurde demnach festgenommen. Bereits in der Vergangenheit kam es bei Demonstrationen gegen die Regierungspolitik zu ähnlichen Vorfällen.
Ende Juli hatte die Koalition im Rahmen eines höchst umstrittenen Justizumbaus ein Gesetz verabschiedet, das die Handlungsmöglichkeiten des Obersten Gericht einschränkt. Kritiker stufen das Vorgehen als Gefahr für Israels Demokratie ein. Die Regierung argumentiert dagegen, das Oberste Gericht sei zu mächtig und mische sich zu stark in politische Fragen ein.
Entscheidendes Gerichtsverfahren
Am kommenden Dienstag wollen erstmals alle 15 Richter des Obersten Gerichts zusammentreten, um sich mit Petitionen gegen das neue Gesetz zu befassen. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, war jedoch unklar. Es wird erwartet, dass sich die Beratungen mehrere Wochen hinziehen könnten.
In Israels Geschichte wurde bisher noch nie ein vergleichbares Gesetz vom Obersten Gericht einkassiert. Sollte dies nun geschehen und die Regierung die Entscheidung nicht akzeptieren, droht dem Land eine Staatskrise.
Netanjahu legte sich bisher nicht öffentlich fest, ob er sich an die Entscheidung des Gerichts halten wird. Am Mittwoch teilte er einen Beitrag von Parlamentssprecher Amir Ohana auf X, vormals Twitter, in dem Ohana andeutete, dass die Regierung eine Aufhebung nicht akzeptieren werde. Die Knesset, das Parlament, werde „es nicht dulden, mit Füßen getreten zu werden“, schrieb Ohana. Das Gericht müsse seine „Grenzen der Macht“ erkennen.
Seit Januar gegen jede Woche zehntausende Menschen gegen die Justizreform auf die Straße. Daraus ist die größte Protestbewegung der israelischen Geschichte geworden. Demonstriert wird in zahlreichen Städten, auch in Jerusalem. Tel Aviv ist der Hauptschauplatz der Proteste. Dort demonstrieren jeden Samstag Menschen gegen Netanjahus Regierung.