Katzen müssen jetzt stark sein, denn das Internet hat ein neues Lieblingstier. Es hat weder Kuschelfell noch Kulleraugen, aber der Katze gegenüber einen Vorteil: Es kommt, wenn man es ruft. Dafür schlägt man mit der Faust rhythmisch auf den Boden und dann donnert er heraus: ein gigantischer Sandwurm. Man kann ihn sogar reiten. Mit dieser Geste beschwören Tiktok-User derzeit Haustiere oder sich selbst als Motivation für den nächsten Arbeitstag.
Der Sandwurm buddelt sich durch „Dune: Part Two“. Kein Film war in diesem Jahr weltweit erfolgreicher. Das liegt an der fast dekadenten Starbesetzung und an den Raumschiffen, denn Science-Fiction ist das Genre der Stunde – höchste Zeit. Auf Netflix läuft „3 Body Problem“, die bisher teuerste Produktion der Plattform. Acht Folgen kosteten 160 Millionen Dollar. Für den Preis könnte man eine Rakete zweieinhalb Mal ins All schießen.
Das Genre ist selbst ein Cyborg: zwischen Mensch und Maschine, Mainstream und Nische. Seine Formate machen Millionen oder landen als Groschenromane auf Flohmärkten. Denn es gibt immer noch das Imageproblem. Man denkt an Nerds, die auf Klingonisch streiten, an Kinderkram für Technikfreaks. An eine Gattung, die den Blick intergalaktisch weitet, sodass Nuancen zwischen Gut und Böse nicht mehr zu erkennen sind.
Dabei war das immer nur ein Teil der Geschichte: Feministische Autorinnen wie Octavia E. Butler oder Ursula K. LeGuin werden wiederentdeckt, im Herbst erscheint „Das Buch Anderswo“ von China Miéville und Keanu Reeves, also Neo aus „Matrix“.
Sci-Fi ist derzeit auch so präsent, weil das Genre und die Vorlieben seiner Noch-nicht-Fans sich annähern. „Dune“ überzeugt mit surrealer Ästhetik selbst Kinosnobs. Die Forschenden in „3 Body Problem“ könnten Models sein, hielten die Aliens sie nicht so auf Trab. Anknüpfen lässt sich auch inhaltlich: Religiöser Fanatismus und Rassismus, Wissenschaftsfeindlichkeit – das kennt man aus den Nachrichten oder dem Alltag. Sci-Fi als Eskapismus? Schön wär’s.
Die sozialen Herausforderungen ähneln sich, aber die Mittel sind andere. Was tröstet: Die auf Bildschirm und Leinwand wissen es auch nicht besser. Nun geht niemand ins Kino, um die Welt zu retten. Aber ein Blick in die Zukunft bietet einen neuen Blick auf das Jetzt, selbst vom Rücken eines gigantischen Sandwurms aus.