Apple Intelligence bringt Künstliche Intelligenz in den Kosmos der hauseigenen Produkte und soll ein Eckpfeiler der Zukunftsstrategie des Konzerns sein. Das ist die Kernaussage der diesjährigen Entwicklerkonferenz von Apple in Cupertino, die am Montag begann. Künstliche Intelligenz (KI) ist der nächste große Schritt für Apple, sagte Tim Cook. Apple Intelligence soll künftig in den Betriebssystemen von iPhone, iPad und Mac unterlegt sein.
Apples Ansatz besteht darin, KI in möglichst viele Kernanwendungen zu integrieren. Sie soll den Kontext der Nutzer kennen sowie gleichzeitig die Privatsphäre wahren. Alle Komponenten arbeiten systemübergreifend in allen wichtigen Apple- und vielen Drittanbieter-Apps. So sei es zum Beispiel möglich, automatisch einen Termin zu verschieben, wenn die Tochter zu diesem Zeitpunkt eine Theateraufführung hat. Apple Intelligence hat Zugriff auf den Kalender, die Kontakte und Termine und könne entsprechend clever handeln.
Vorgestellt wurden neue Schreibtools zum Zusammenfassen von Texten und Erstellen eigener Dokumente. Man kann den Schreibstil von „persönlich“ auf „professionell“ umschalten. Die Schreibtools arbeiten in allen Apps, in denen es um Text geht. Apple Intelligence kann lange E-Mails und Push-Nachrichten zusammenfassen oder selbst generierte Fotos personalisieren. Erhält man eine neue Adresse eines Freundes per iMessage, lässt sich automatisch der Kontakteintrag aktualisieren. In der Fotosammlung kann Apple Intelligence nach Objekten oder Personen in Fotos suchen, also etwa Bilder finden, in denen sich die Tochter oder eine markante Sehenswürdigkeit befindet.
Ein Bildgenerator namens Image Playground erlaubt die Erstellung eigener Bilder, sogar ohne die Kommandozeile, die bei anderen KI-Systemen erforderlich ist. In der Notizen-App lassen sich aus Skizzen hochwertige Bilder erzeugen. Störendes in Fotos lässt sich mit KI automatisch entfernen, und die App erzeugt auf Wunsch kleine Erinnerungsfilme aus Bildern. Ferner gibt es die Möglichkeit, Sprachaufzeichnungen transkribieren zu lassen oder Antwortvorschläge auf E-Mails und Textnachrichten zu generieren.
Der Nutzer wird alle diese Neuerungen mit einem grundlegend verbesserten Sprachassistenten Siri einsetzen. Siri erlaubt den Aufruf von Funktionen in Apps und die Aneinanderreihung mehrerer Befehle in einem Kommando. Man wird also mit Sprache anweisen, dass ein Foto bearbeitet oder eine E-Mail gelöscht wird. Siri bekommt eine neue Optik und sieht über Versprecher und Korrekturen des Nutzers hinweg. Man kann Siri nach Informationen fragen, die sich in Dokumenten auf dem Gerät befinden, und die Assistentin findet sie in Mails, iMessages oder PDF-Dateien. Auf Wunsch leitet Siri auch Anfragen an Chat GPT 4.0 von Open AI weiter und gibt die Antworten auf dem Endgerät aus.
Die KI bleibt vorerst eine Betaversion
Zum Start kündigt Apple die neuen Dienste ausdrücklich als Betaversion an, zunächst nur in englischer Sprache und vom Sommer an nutzbar. Wegen der hohen Systemanforderungen ist ein iPhone 15 in der Pro-Version für die KI-Dienste erforderlich und auf dem iPad oder Mac einer der hauseigenen M-Prozessoren.
Die KI-Aufgaben werden nach Angabe von Apple entweder auf dem Gerät gelöst oder mit „sicherem“ Cloud-Computing. Während der Konferenz stellte Apple immer wieder heraus, dass sehr hohe Anforderungen an den Datenschutz gälten und in den Datenzentren „sichere“ Chips zum Einsatz kämen. Auch verspricht Apple, dass mit den Daten keine individuellen Nutzerprofile erstellt würden. Viele KI-Anwendungen verwenden Nutzerdaten, um ihr eigenes System zu trainieren. Dies solle ebenfalls unterbleiben.
Viele der angekündigten KI-Neuerungen sind in der mobilen Welt von Google, Microsoft und Samsung bereits implementiert. Google Mail kategorisiert seit langem die Eingangspost. Die Galaxy AI von Samsung erlaubt das Transkribieren von Audio-Aufnahmen, bietet eine Live-Übersetzung von Telefonaten an und die Zusammenfassung von längeren Notizen sowie Web-Inhalten. Apple zieht also hinsichtlich der KI nach.
Was iOS, iPad OS, Mac OS und Watch OS demnächst können
Mit dem am Montag angekündigten iOS 18 für das iPhone kann man künftig die App-Icons auf dem Home-Bildschirm flexibler anordnen und ihre Farben anpassen. Ferner lassen sich einzelne Apps dahingehend schützen, dass sie zunächst mit der Gesichtserkennung Face ID oder dem Sperrcode entsperrt werden müssen. Das Kontrollzentrum wird neu strukturiert sowie erweitert.
Wie Apple bereits im November vorigen Jahres angekündigt hatte, dient der RCS-Standard für Nachrichten künftig dazu, sich leichter mit Android-Nutzern auszutauschen.
iMessage-Nachrichten können ab iPhone 14 auch via Satellit versandt werden. Die Fotos-App erhält neue Funktionen zur Organisation umfangreicher Bildbibliotheken in Kollektionen. Endlich ist der Kalender in der Lage, Einträge der App Erinnerungen anzuzeigen.
Lange erwartet: Der Taschenrechner für das iPad
Das Betriebssystem iPad OS 18 übernimmt viele iOS-Neuerungen und bietet eine bessere Unterstützung des Apple Pencil. Eine Seitenleiste soll die Navigation in Apps erleichtern. Künftig hat auch das Apple-Tablet eine Taschenrechner-App, die zudem Stifteingaben und Formelberechnungen erlaubt.
Die Apple Watch mit Watch OS 11 erfasst für Läufer erstmals die Trainingsbelastung, wie das Sportuhren von Garmin oder Polar schon lange machen. Die zugehörige Fitness-App lässt sich individualisieren, und eine neue App namens Vitals wertet den Schlaf und andere Gesundheitsdaten auf, um zum Beispiel vorzeitig den Ausbruch einer Krankheit anzukündigen. Die neuen Betriebssysteme werden jetzt für Entwickler und Tester freigegeben, die offiziellen Versionen erscheinen im Herbst. Nicht alle älteren Geräte erhalten die neueste Software.
Die Ohrhörer Airpods erfassen künftig Kopfbewegungen: Eingehende Telefonate lassen sich durch Kopfschütteln ablehnen oder Nicken annehmen. Sodann kommt die vor einem Jahr angekündigte und seit Februar in Amerika erhältliche Computerbrille Vision Pro demnächst in weitere Länder, unter anderem am 12. Juli auch nach Deutschland. Sie startet hier gleich mit dem überarbeiteten Betriebssystem Vision OS 2. Die wichtigsten Neuerungen sind die Möglichkeit, schon vorhandene Fotos in dreidimensionale umzuwandeln und höhere Bildschirmauflösungen für die virtuellen Monitore, welche die Brille ihrem Nutzer zeigt.