Im Konflikt um zwei Konzerte zum Thema Krieg haben die Wiener Festwochen auf ukrainisches Drängen den umstrittenen Dirigenten Teodor Currentzis mit seinem SWR-Symphonieorchester wieder ausgeladen. „In den Gesprächen der letzten Tage hat sich herauskristallisiert, dass eine Präsentation beider Konzerte im Rahmen der Wiener Festwochen aktuell nicht machbar ist“, teilte die Festivalleitung am Montag mit. Die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv, die am 2. Juni das Requiem „Babyn Yar“ ihres Landsmannes Jevhen Stankovych leiten wird, hatte sich zuvor ablehnend zum Engagement von Currentzis geäußert. Der Grieche, der auch einen russischen Pass besitzt, hat sich bisher öffentlich nicht eindeutig vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine distanziert.
Milo Rau respektiert Oksana Lynivs Wunsch
„Wir respektieren Lynivs Wunsch, aktuell nicht in einen inhaltlichen Kontext mit Currentzis gestellt zu werden. Leider war dadurch unsere Entscheidung für die Absage des geplanten Konzerts unter dem Dirigat von Teodor Currentzis, den wir als Künstler sehr schätzen, alternativlos“, sagte der Intendant der Festwochen, Milo Rau. Geplant war eine Aufführung des „War Requiems“ von Benjamin Britten am 12. Juni im Burgtheater. Mit den beiden Konzerten sollte laut Festwochen die Frage nach der Verantwortung und den Grenzen der Kunst als utopischem Raum bei den Festwochen (17. Mai bis 23. Juni) thematisiert werden.
Lyniv reagierte erleichtert: „Wir sind froh, dass die Wiener Festwochen eine Lösung gefunden haben und freuen uns sehr, das Kaddish Requiem „Babyn Jar“ schlussendlich doch in Wien aufzuführen.“ Für die Wiener Aufführung werde nun zusätzlich ein aktuelles zeitgenössisches ukrainisches Stück von einem Schüler des Kaddish Requiem „Babyn Jar“-Komponisten Yevhen Stankovich komponiert werden.
Die SWR-Programmdirektorin für Kultur, Anke Mai, bedauerte die Absage. Gleichwohl habe sie Verständnis dafür, dass sich Lyniv und die Mitglieder des Kyiv Symphony Orchestra ein öffentliches Bekenntnis von Currentzis gegen den russischen Angriffskrieg gewünscht hätten. „Mit Rücksicht auf die Konsequenzen, die ein solches Bekenntnis für Currentzis in Russland mit sich brächte, haben wir dies aber nie von ihm verlangt“, sagte Mai.