Erstmals seit dem Ende des von Russland aufgekündigten Getreideabkommens haben zwei zivile ausländische Frachtschiffe einen ukrainischen Hafen angelaufen. Russland bestreitet unterdessen die Berichte der Ukrainer, wonach diese kürzlich das Dorf Andrijiwka im Donezker Gebiet befreiten. Und Polen verbietet als letztes an Russland grenzendes EU-Land die Einreise russischer Autos.
Frachter wollen 20.000 Tonnen Weizen nach Afrika und Asien bringen
Die Reedereien der Schiffe „Resilient Africa“ und „Aroyat“ hätten ihre Bereitschaft bekundet, den Hafen von Tschornomorsk am Schwarzen Meer anzulaufen und dort rund 20.000 Tonnen Weizen für afrikanische und asiatische Länder zu laden, teilte der ukrainische Vizeregierungschef Olexander Kubrakow am Samstag bei Facebook mit. Einige Stunden später am Abend waren beide Frachter dem Schiffsinformationsdienst MarineTraffic zufolge erfolgreich in Tschornomorsk eingetroffen. Eine offizielle Bestätigung stand zunächst noch aus.
Beide Schiffe fahren unter der Flagge des Pazifikstaats Palau, ihre Besatzungen bestehen den Angaben aus Kiew zufolge aus Bürgern der Ukraine, der Türkei, Aserbaidschans und Ägyptens.
Im Zuge des russischen Angriffskriegs werden die ukrainischen Schwarzmeerhäfen von der russischen Flotte blockiert. Eine internationale Vereinbarung für ukrainische Agrarexporte aus insgesamt drei Häfen – darunter Tschornomorsk – war im Juli von den Russen nicht verlängert worden.
Die Ukraine richtete daraufhin einen temporären Korridor für zivile Schiffe ein, der auf eigenes Risiko genutzt werden kann. Diesen nutzten bereits fünf Frachter, um aus den ukrainischen Häfen auszulaufen, in denen sie teils seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 feststeckten. Unter ihnen war im August auch der deutsche Frachter „Joseph Schulte“. Ukrainische Häfen angelaufen hat seit Einführung dieses temporären Korridors allerdings kein ziviles Frachtschiff.
Russland bestreitet Verlust eines Dorfes im Gebiet Donezk
Russlands Militär hat ukrainische Berichte über die Rückeroberung des Dorfes Andrijiwka im östlichen Gebiet Donezk bestritten. Die ukrainische Armee habe „vergeblich versucht, die russischen Streitkräfte aus den Orten Klischtschijiwka und Andrijiwka (…) zurückzudrängen“, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Für diese Aussage legte er allerdings keine Belege vor.
Am Freitag hatten sowohl der ukrainische Generalstab als auch Präsident Wolodymyr Selenskyj die Befreiung des durch den Krieg komplett zerstörten Ortes Andrijiwka gemeldet. Zudem hieß es aus Kiew, auch in den anliegenden Ortschaften Klischtschijiwka und Kurdjumowka seien die eigenen Truppen aktiv. Am Samstag veröffentlichte eine ukrainische Brigade zudem ein Video, das die Befreiungsoperation in Andrijiwka zeigen soll.
Stoltenberg erwartet langen Krieg in der Ukraine
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg rechnet laut einem Medienbericht nicht mit einem schnellen Ende der Kämpfe in der Ukraine. „Die meisten Kriege dauern länger, als bei ihrem Ausbruch erwartet wurde”, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe in einem vorab veröffentlichten Artikel. „Wir alle wünschen uns einen schnellen Frieden. Gleichzeitig müssen wir erkennen: Wenn Präsident Selenskyj und die Ukrainer aufhören zu kämpfen, wird ihr Land nicht mehr existieren. Wenn Präsident Putin und Russland die Waffen ruhen lassen, werden wir Frieden haben”, so Stoltenberg.
Im Anschluss seien Sicherheitsgarantien für die Ukraine nötig, damit sich die Geschichte nicht wiederhole. Es gebe keinen Zweifel, dass die Ukraine am Ende in der NATO sein werde. Schweden indes werde dem Bündnis in nächster Zukunft beitreten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe angekündigt, dass die Türkei den Beitritt baldmöglichst ratifizieren werde. “Ich erwarte die Entscheidung des türkischen Parlaments später in diesem Herbst”, so Stoltenberg in dem vorab veröffentlichten Artikel.