Der Bundestag hat am Donnerstag gegen einen Antrag der Unionsfraktion gestimmt, der die Bundesregierung dazu aufforderte, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Die Bundesregierung sträubt sich bislang gegen die Lieferung der Waffen mit größerer Reichweite. 480 Abgeordnete stimmten gegen den Unionsantrag, 182 dafür. Fünf Politiker enthielten sich.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann stimmte wie angekündigt nach eigenen Angaben für den Unionsantrag. Sie habe dies ausschließlich deswegen getan, „weil das System des Taurus unmissverständlich genannt worden ist“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Donnerstag im Bundestag. „Ich möchte mir nicht eines Tages vorwerfen lassen, im richtigen Augenblick nicht das Richtige getan zu haben“, sagte sie.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte die Ampelfraktionen zuvor dazu aufgerufen, für den Unionsantrag zu stimmen. Die vom Bundeskanzler ausgerufene „Zeitenwende“ sei bislang überwiegend „nur ein Wort geblieben“, sagte Merz. Zu umfassenden Taten habe sie bislang nicht geführt. Wenn man den Auftrag der „Zeitenwende“ ernst nehme, „dann haben wir den größten Teil der Hausaufgaben noch vor uns“.
An die Zweifler von Waffenlieferungen sagte Merz, dass Deutschland aus der Geschichte gelernt haben sollte, dass Beschwichtigungen eines Regimes, das sich an keine Regeln halte, nichts nutzen. „Es bewirkt das Gegenteil von dem, was wir uns wünschen: ein Leben in Sicherheit und Freiheit.“
In dem Antrag der Union „Für eine echte Zeitenwende in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik“ fordern die Abgeordneten die „unverzügliche Lieferung“ von erbetenen und in Deutschland verfügbaren Waffensystemen für den ukrainischen Kampf gegen Russland, darunter der Taurus-Marschflugkörper. Deutschland solle die europäische Führung und Koordinierung übernehmen. Trotz der Bedrohung durch Russland sei Deutschland von einem „strategischen Paradigmenwechsel weit entfernt“, heißt es in dem Antrag. Die von Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ sei nicht über das Stadium der Ankündigung hinausgekommen.
Politiker der Ampelfraktionen kritisierten den Unionsantrag. Der Antrag sei „sehr dünn“, sagte der SPD-Politiker Ralf Stegner. Die Union habe weder für die deutsche oder europäische Sicherheit noch für die Unterstützung der Ukraine „eine angemessene Finanzierung“. Deborah Düring von den Grünen vermisst die „Selbstkritik“ der Union in ihrem Antrag: „Kein Wort zur verfehlten Russlandpolitik.“ Im Antrag könne man zwar an „der ein oder anderen Stelle gute Ansätze entdecken“. Aber die eine Hälfte „passiert schon“, und bei der anderen fehle es an „Substanz“.
FDP-Politiker und Grüne wollen Taurus liefern
Die Bundesregierung weigert sich bislang, Waffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern an die Ukraine zu liefern, da sie unter anderem befürchtet, dass Kiew damit Ziele auf russischem Territorium angreifen könnte. Aus den Reihen der kleinen Koalitionspartner, der Grünen wie der FDP, wird dagegen schon lange darauf gedrungen, der Ukraine den Taurus zu liefern.
Über einen Antrag der Ampelfraktionen, der die Lieferung von „weitreichenden Waffensystemen“ fordert, Taurus aber nicht explizit nennt, wird ebenfalls am Donnerstag abgestimmt. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kritisierte vor der Abstimmung die Union: Er wünsche sich mehr „Demut und Konstruktivität“. Pistorius sagte, dass Deutschland von der Welt für seine Hilfe bewundert werde, „und hier redet uns die Opposition in Grund und Boden“. Putins Russland bleibe auf absehbare Zeit die größte Bedrohung für Europa, betonte er. Auf eine Zwischenfrage des CDU-Politikers Jürgen Hardt, ob mit „weitreichenden Waffensystemen“ der Taurus gemeint sei, antwortete der Minister: „Das kann ich nicht beantworten – die Antragssteller werden sich ihren Teil gedacht haben.“