Das vom Grünen-Politiker Robert Habeck geführte Bundeswirtschaftsministerium hat die vom Finanzministerium verfügte Haushaltssperre für den Bundeshaushalt begrüßt. „Der Schritt entspricht der Notwendigkeit der Situation“, sagte eine Ministeriumssprecherin am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Damit würden weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre vermieden. „Das ist in der jetzigen Situation richtig“, sagte die Sprecherin. „Die Bundesregierung arbeitet intensiv an Lösungen.“
Zuvor hatte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert klargestellt, dass der Staat trotz der Sperrung von Haushaltsmitteln aktuelle Leistungen weiter bezahlt. Der Schritt des Bundesfinanzministeriums bedeute nicht, dass der Staat keine Ausgaben mehr tätigen dürfe, sagte Kühnert am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Der Stopp sogenannter Verpflichtungsermächtigungen besagt, dass keine Zahlungsverpflichtungen für die Zukunft möglich seien. Der Staat könne aber alle seine aktuellen Leistungen bestreiten.
„Das BMF stoppt die Verpflichtungsermächtigungen in 2023, um Vorbelastungen für kommende Jahre zu vermeiden“, hieß es am Montagabend aus Kreisen des Finanzministeriums. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Umwidmung von Krediten in Höhe von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten nun aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden.
Kühnert sieht Redebedarf für die Ampel
Auf die Frage, ob für 2023 nun eine Haushaltsnotlage zur Umgehung der Schuldenbremse erklärt werden müsste, sagte Kühnert, das wäre ein möglicher Schritt für die SPD, wenn sie allein regieren würde. Es gebe aber auch andere Optionen. Das müsse man in der Koalition besprechen. Es bringe dabei nichts, wenn alle Parteien sich gegenseitig ihre Wahlprogramme vorlesen, sagte der SPD-Generalsekretär. An der Notwendigkeit der 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft habe sich nichts geändert. Man müsse nun andere Einnahmequellen finden, um im internationalen Wettbewerb nicht zurückzufallen. Was aber nicht gehe, nun mit dem Rasenmäher die 60 Milliarden Euro einzusparen.
Das Bundesfinanzministerium weitete am Montag nach übereinstimmenden Berichten die für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verfügte Haushaltssperre auf weitere Teile des Bundeshaushalts aus. Dies geht aus einem Schreiben von Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer hervor.
Aus dem Finanzministerium hieß es dazu am späten Abend auf Anfrage, Verpflichtungsermächtigungen im laufenden Haushalt würden gestoppt, um Vorbelastungen für kommende Jahre zu vermeiden. „Bestehende Verbindlichkeiten werden weiter eingehalten, es dürfen nur keine neuen eingegangen werden”, wurde betont. An anderer Stelle der Regierung wurde ergänzend deutlich gemacht, dass es sich nicht um einen Alleingang von Finanzminister Christian Lindner (FDP) handele: „Es ist abgesprochen und sinnvoll.”
Gatzer: Überprüfung der gesamten Haushaltslage
In dem Schreiben Gatzers heißt es: „Um weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden, beabsichtige ich daher, alle in den Einzelplänen 04 bis 17 und 23 bis 60 des Bundeshaushaltsplans 2023 ausgebrachten und noch verfügbaren Verpflichtungsermächtigungen mit sofortiger Wirkung zu sperren.” Gatzer verweist auf Paragraph 41 der Bundeshaushaltsordnung, der eine Haushaltssperre regelt. Mit den genannten Einzelplänen sind die Einzeletats aller Ministerien betroffen. Im Einzelplan 60 sind etwa der Klima- und Transformationsfonds und der 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm zur Dämpfung der Energiepreise angesiedelt. Ausgenommen sind laut der Aufzählung Verfassungsorgane wie Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht.
Das Bundesverfassungsgericht hatte der Bundesregierung am Mittwoch 60 Milliarden Euro gestrichen, weil die Übertragung nicht genutzter Corona-Kredite auf den Klimafonds verfassungswidrig war. Das Geld fehlt der Regierung nun. Hinzu kommen weitere Klarstellungen des Gerichts zur Schuldenbremse im Grundgesetz und zur Rechtmäßigkeit von Krediten, die auch Folgen für den laufenden Haushalt 2023 und den geplanten Haushalt 2024 haben könnten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte noch am Tag der Urteilsverkündung eine Haushaltssperre nur für den Klimafonds verfügen lassen.