Das Ziel steht: Klimaschutz, der nicht nur einen Preis hat, sondern bei dem der Staat den Bürgern zumindest einen Teil der Kosten erstattet. Nachdem die Bundesregierung zuletzt wenig Ehrgeiz erkennen ließ, noch in dieser Legislaturperiode mit der Auszahlung des sogenannten Klimageldes zu beginnen, macht die FDP-Fraktion nun Tempo.
„Ich hielte es für richtig, das Klimageld auszuzahlen, sobald der Mechanismus steht“, sagt Fraktionschef Christian Dürr: „Wir sollten jetzt die richtigen Prioritäten in der Haushaltspolitik setzen.“ Eine breite Entlastung der Gesellschaft sei wichtiger als kleinteilige Förderprogramme. „Wir sollten daher gemeinsam prüfen, auf welche Subventionen wir zugunsten des Klimagelds verzichten können.“
Ihre Vorschläge dazu hat die Fraktion schon auf den Tisch gelegt. Gespart werden soll vor allem bei den Milliardensubventionen für die Ansiedlung von Chipfabriken, aber auch bei den Zuschüssen zur Dekarbonisierung der Industrie und Programmen für mehr Energieeffizienz. In Summe kommen die Liberalen so auf 7,5 Milliarden Euro, die genutzt werden sollen, um jedem Bürger 2025 knapp 100 Euro zu zahlen. „In den Folgejahren dürfte dieser Betrag deutlich steigen“, heißt es aus dem Büro von Fraktionsvize Lukas Köhler, der die Liste erstellt hat.
Habeck will das Klimageld noch nicht
Aber hat die Fraktion ihre Rechnung auch mit dem Finanzminister gemacht? Christian Lindner klingt noch nicht ganz so überzeugt. „Die technischen Voraussetzungen für das Klimageld wird das Bundesfinanzministerium planmäßig fertigstellen“, sagt der FDP-Politiker gegenüber der F.A.Z. Das soll Ende 2024 der Fall sein. Und dann? „An einem liberalen Finanzminister wird eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nie scheitern, aber realistischerweise ist hier eine Einigung in der Koalition in weiter Ferne“, sagt Lindner weiter.
Finanzierungsvorschläge, die neue Belastungen für die arbeitende Bevölkerung vorsehen, schließt er aus. Für eine Auszahlung müsste nach seinen Worten auf viele Subventionen und Förderprogramme verzichtet werden. Etwas, womit sich die Ampelkoalition bekanntlich schwer tut, wie die Reaktion auf die Bauernproteste gezeigt hat.
Seit Anfang 2021 gibt es in Deutschland den CO2-Preis. Wer sein Auto mit Diesel oder Benzin tankt und mit Gas oder Öl heizt, muss ihn zahlen. Aktuell beträgt er 45 Euro je Tonne CO2. Für eine Gasheizung mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr macht das nach Angaben des Vergleichsportals Check24 180 Euro im Jahr. Die Industrie ist Teil des europäischen Emissionshandels, in dem Verschmutzungszertifikate gehandelt werden und der CO2-Preis schon deutlich höher liegt. 2027 sollen der Verkehrs- und der Gebäudesektor in dieses System überführt werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ließ am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag durchblicken, dass er die Auszahlung des Klimagelds erst dann für geboten hält, wenn der Preis deutlich steigt. Aktuell befinde man sich schließlich noch auf dem Preispfad der großen Koalition. Zuvor hatte Habeck schon argumentiert, die Abschaffung der EEG-Umlage auf den Strompreis sei doch auch schon eine Art Klimageld. Der Wirtschaftsminister steckt in der Bredouille: Einerseits haben die Grünen im Wahlkampf mit dem Klimageld geworben, anderseits will er im Klima- und Transformationsfonds nicht noch mehr sparen als nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ohnehin nötig.
Der neidische Blick nach Österreich
Doch auch Habeck bekommt Druck aus seiner Fraktion. „Das Klimageld muss noch in dieser Wahlperiode kommen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Julia Verlinden (Grüne). „Es ist ein wichtiges Gerechtigkeitsprojekt der Ampel, welches gleichzeitig Belastungen abfedert und klimafreundliches Verhalten belohnt.“ Anders als die FDP will sie aber nicht an anderen „Kerninvestitionen in die Zukunft der Wirtschaft“ sparen.
In Richtung der FDP sagt Verlinden: „Wenn sie das Klimageld ab 2025 für alle Menschen ermöglichen will, dann muss sie bereit sein, klimaschädliche Subventionen zu reformieren.“ Allein durch Kürzungen beim sogenannten Dienstwagenprivileg ließen sich 5 Milliarden Euro generieren, sagen die Grünen: „Für ein Klimageld von 100 Euro pro Kopf wären rund 8 Milliarden Euro plus Verwaltungskosten notwendig“, rechnet Verlinden vor.
Die SPD-Fraktion sieht die Kürzungsvorschläge der FDP ebenfalls kritisch. Niemand könne sich von 100 Euro im Jahr eine neue Heizung oder ein Elektroauto kaufen. „Ich warne davor, die Förderung zulasten eines Klimageldes zu streichen. Das wäre höchst unsozial“, warnt Katja Mast, parlamentarische Geschäftsführerin. Ihr Vorschlag: „Bei angespannter Haushaltslage böte sich ein sozial gestaffeltes Vorgehen an.“
Besonders Haushalte mit geringen Einkommen spürten die steigenden Energiepreise, argumentiert sie. „Dabei dürfen wir sie nicht mit der jährlich steigenden CO2-Bepreisung alleinlassen.“ Mit einem „sozial gerechten“ Klimageld könnten andere Förderprogramme ergänzt werden, sagt Mast: „Wenn es nach mir geht, können wir ab 2025 starten.“ Im vergangenen Jahr hatten die Sozialdemokraten vorgeschlagen, das Klimageld nur bis zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4000 Euro zu zahlen.
Österreich ist schon lange weiter: Seit 2022 bekommt dort jeder Bürger den „Klimabonus“ ausgezahlt. Je nach Wohnort zwischen 110 Euro und 220 Euro landen einmal im Jahr automatisch auf dem Konto, wenn man seinen Hauptwohnsitz in der Alpenrepublik hat. Während in Deutschland seit den Problemen bei der Auszahlung der Corona-Hilfen daran gearbeitet wird, wie der Staat den Bürgern auf direktem Weg Geld überweisen kann, dauerten die Vorarbeiten im Nachbarland nur ein halbes Jahr. Ihre Finanzverwaltung sei aber auch schon wesentlich digitaler, heißt es aus Österreich.