Donald Trump muss der Autorin E. Jean Carroll wegen Verleumdung mehr als 80 Millionen Dollar zahlen. Das beschloss eine Jury in New York am Freitagnachmittag. Die Frau hatte geklagt, Trump habe ihren Ruf geschädigt, als er als Präsident im Juni 2019 leugnete, sie Mitte der neunziger Jahre vergewaltigt zu haben. Trump wiederum wirft Carroll vor, die Begegnung erfunden zu haben, damit sich ihre Memoiren besser verkaufen. Über die Verleumdung sagte er, er habe nur „mich selbst, meine Familie und ehrlich gesagt auch die Präsidentschaft verteidigen“ wollen.
Die Jury aus sieben Männern und zwei Frauen legte am Freitag nach knapp drei Stunden Beratungen jedoch fest, Trump müsse Carroll 83,3 Millionen Dollar Schadenersatz zahlen. Davon beziehen sich 7,3 Millionen auf den emotionalen Schaden, den die Autorin erlitten hat, und elf Millionen Dollar auf den Ansehensverlust. Die übrigen 65 Millionen Dollar entfallen auf eine Sonderregelung im amerikanischen Recht, die einen Schadenersatz mit dem Zweck vorsieht, weitere derartige Handlungen zu verhindern.
Insgesamt hat die Jury Carroll damit wesentlich mehr Geld zugesprochen als von den Anwälten gefordert. Diese hatten 24 Millionen Dollar für die Rufschädigung angesetzt und einen möglichen Betrag für eine Strafzahlung offengelassen. Trump hatte das Gericht am Freitag zum Zeitpunkt der Jury-Entscheidung schon verlassen und äußerte über seine Plattform „Truth Social“, das Urteil sei „absolut lächerlich“. Er wolle Berufung einlegen; das amerikanische Rechtssystem sei „außer Kontrolle geraten“ und werde als politische Waffe eingesetzt.
„Behauptung ist ein Schwindel“
Im vergangenen Mai hatte eine Jury Trump der sexuellen Belästigung und der Verleumdung der heute 80 Jahre alten Carroll für schuldig befunden. Auch dabei ging es um den Vorwurf, er habe die Frau 1996 in der Umkleide eines Kaufhauses in Manhattan bedrängt und vergewaltigt. Die Verleumdung stammte damals von einer Aussage Trumps 2022, nach der Carrolls Behauptung ein „Schwindel“ und sie selbst „geisteskrank“ sei. Trump wurde dafür zu einer Zahlung von fünf Millionen Dollar verurteilt.
Da dieses Urteil für den aktuellen Prozess bindend war, entschied die neunköpfige Jury nur darüber, ob oder wie viel Schmerzensgeld Trump Carroll für die weitere Rufschädigung zahlen muss. Es war Trump nicht gestattet, die Entscheidungen aus dem ersten Verfahren im Gericht anzuzweifeln oder in Frage zu stellen. Daran hielt sich der republikanische Präsidentschaftsbewerber. Am Freitag verließ er während der Schlussplädoyers für kurze Zeit den Gerichtssaal, kehrte jedoch während der Einlassung seiner Verteidigerin Alina Habba zurück.
Abermalige Angriffe auf Carroll
Vor dem letzten Verhandlungstag hatte sich Trump auf seiner Plattform „Truth Social“ abermals abfällig über Carroll geäußert. „Ich weiß nicht einmal, wer diese Frau ist“, sagte er in einem Video am Donnerstagabend. „Dies ist ein weiterer Betrug“, es sei eine „politische Hetzjagd“. Trump, gegen den neben mehreren Zivilverfahren wie diesem auch vier strafrechtliche Anklagen mit mehr als neunzig Anklagepunkten vorliegen, stellt sich als Opfer einer politisierten Strafverfolgung dar.
Am Freitag schrieb er auf „Truth Social“, Präsident Joe Biden habe diese „Hexenjagd gegen seinen politischen Gegner“ in Auftrag gegeben, die von den „radikal linken Demokraten“ finanziert werde. Es ist wahrscheinlich, dass es bei der Präsidentenwahl im November abermals zu einem Rennen zwischen Biden und Trump kommt. Trump hat die ersten beiden Vorwahlen seiner Partei in diesem Jahr klar gewonnen und gilt als alleiniger Favorit für die Präsidentschaftskandidatur.
Carroll, die von 1993 bis 2019 Kolumnistin der Zeitschrift „Elle“ war und regelmäßig im Fernsehen auftrat, gab im Zuge der Anklage an, sie sei nach Trumps Lügen-Vorwurf kaum noch angefragt worden. Außerdem habe sie im Internet Morddrohungen und Beleidigungen erhalten, die bis heute anhielten. Trumps Verteidiger argumentierten dabei, die Angriffe stammten von Carrolls Anschuldigungen, nicht Trumps Reaktion darauf.