Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und die verantwortlichen deutschen Offiziere in Niamey sehen derzeit keinen Grund für einen Abzug vom Lufttransportstützpunkt in der nigrischen Hauptstadt. Obgleich die dortigen Putschisten ein Flugverbot zunächst bis zu diesem Freitag verhängt haben, ist Pistorius einigermaßen zuversichtlich, dass es wieder Flüge geben kann und Niamey auch Umschlagplatz für den geordneten Abzug der Bundeswehr aus Mali bleibt.
Pistorius sagte am Donnerstag bei einem Truppenbesuch in Bayern, die Entwicklung sei zwar „ein klein wenig unklar“. Der Kommandeur des Stützpunkts habe ihm jedoch in einem Telefonat versichert, „dass er sich keine Sorgen macht, dass die Lage ruhig ist. Wir beobachten die Lage aufmerksam, einerseits, und auch in enger Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt. Und gleichzeitig plant die Bundeswehr vom ersten Tag des Putsches, wie wir im Zweifel schnell rauskommen. Priorität Nummer eins ist die Sicherheit der Soldaten in Niamey und auch in Mali. Wir prüfen alle Alternativen.“
Im Augenblick sehe es so aus, als ob über Niamey weiter Material aus Mali zurückverlegt werde könne. Dazu benötigt die Bundeswehr mehrere Hundert Flüge, unter anderem mit zivilen Großraumflugzeugen vom Typ Iljuschin. Es geht, abzüglich des zurückzulassenden Materials, um etwa 1300 Containeräquivalente.
Soldaten empfinden Lage nicht unmittelbar bedrohlich
Wie das Onlineportal „Augen geradeaus“ beobachtet hat, sind bereits mehrere solcher Frachtflüge über den algerischen Flugplatz Tamanrasset in der südlichen Sahara gegangen und wurden dort aufgetankt. Die Maschinen können, wenn sie beladen sind, den deutschen Stützpunkt in Gao wegen der dortigen kürzeren Landebahn nicht vollbetankt verlassen und müssen zum Nachtanken zwischenlanden. Die Maschinen der aserbaidschanischen Fluggesellschaft Silk Air seien seit dem Putsch mindestens zweimal dort gelandet auf ihrem Weg nach Leipzig. Sachkundige Quellen bestätigten den Bericht.
Allerdings ist der algerische Flugplatz etwa doppelt so weit von Gao entfernt wie Niamey, was sich auf die Beladung auswirken dürfte. Unklar ist, ob solche Stopps auch mit Militärmaschinen möglich wären. Sollte Niamey ausfallen, wäre wohl auch mehr nötig als eine „Tankstelle“ in der Wüste. Der Aufbau eines neuen Stützpunktes würde mehrere Wochen dauern. Die Suche nach solchen Alternativen ist im Gange.
Wie aus Niamey zu erfahren ist, empfinden die Soldaten und auch das diplomatische Personal dort die Lage nicht als unmittelbar bedrohlich. Das Botschaftspersonal, das zeitweise auf den Flugplatz umgezogen war, ist in die diplomatische Vertretung zurückgekehrt. Es wird wohl sogar in der Stadt weiter bei lokalen Anbietern für den Stützpunkt eingekauft.
Unklar war auch aus militärischer Sicht, wie sich die Lage am Nationalfeiertag bei Demonstrationen entwickeln würde und was nach Auslaufen eines Ultimatums westafrikanischer Staaten an die Putschisten passieren wird. Das Auswärtige Amt hatte allen deutschen Zivilisten in Niger geraten, das Land zu verlassen, ein Großteil der rund 50 bis 70 Personen hat das inzwischen mit französischen Flugzeugen getan, die in Niamey gelandet waren, um Staatsbürger auszufliegen.
Soldaten, die derzeit noch im nördlichen Tillia im Rahmen der neuen europäischen Ausbildungsmission EUMPM bei nigrischen Einheiten sind, wurden unterdessen abberufen und sollen nach Niamey an den Stützpunkt zurückkehren. Das gilt auch für eine Handvoll weiterer Soldaten, die in diesem Rahmen tätig sind. Die Europäische Union hat die Kooperation mit Niger derzeit eingestellt, wirtschaftlich und militärisch. Lediglich humanitäre Hilfe wird geleistet.